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Der arabische Winter der Unzufriedenheit

BEIRUT – Die arabische Welt wird von einer neuen Welle an Aufständen überrollt, die nach dem Sudan und Algerien nun auch den Libanon und den Irak erreicht. Die jüngsten Massenproteste in diesen Ländern haben Millionen von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten mobilisiert. Sie alle sind verärgert über die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, die aus ihrer Sicht durch Misswirtschaft und schlechte Regierungsführung noch verschärft wird.

Wie schon während des Arabischen Frühlings im Jahr 2011 drehen sich die aktuellen Proteste in jedem dieser Länder um Forderungen nach einem Regimewechsel. Doch es besteht auch ein grundlegender Unterschied: waren die Aufstände der Vergangenheit durch die Sehnsucht der Menschen nach Würde motiviert, so sind die Proteste von heute auf den Hunger der Menschen zurückzuführen. Der Arabische Frühling ist einem strengen Winter der Unzufriedenheit gewichen.

Im Jahr 2011 befanden sich die Ölpreise auf einem Höchststand und viele arabische Volkswirtschaften wiesen das rascheste Wirtschaftswachstum seit Jahrzehnten auf. An der Spitze der damaligen Aufstände standen vorwiegend junge, gut ausgebildete Menschen, die bessere Jobs und mehr Gehör in Politik und Gesellschaft anstrebten. Viele Regierungen in der Region konnten die Aufständischen mit Hilfe einer durch Öleinnahmen finanzierten expansiven Wirtschaftspolitik, der Unterstützung aus Ländern des Golf-Kooperationsrates und Überweisungen aus dem Ausland beruhigen.

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