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Der Irrtum des Klimafinanzrisikos

STANFORD – In den Vereinigten Staaten bereiten sich die Notenbank Federal Reserve, die Börsenaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission und das Finanzministerium darauf vor, die Klimapolitik in die US-Finanzregulierung zu integrieren. Dabei folgen sie den ambitionierteren Maßnahmen Europas. Dies rechtfertigen sie damit, dass „Klimarisiken“ angeblich gefährlich für das Finanzsystem sind. Aber diese Behauptung ist absurd. So wird die Finanzregulierung dazu verwendet, eine Klimapolitik einzuschmuggeln, die andernfalls als unpopulär oder ineffektiv abgelehnt würde.

Mit dem Begriff „Klima“ wird die wahrscheinliche Verteilung des Wetters bezeichnet – die Bandbreite möglicher Wetterbedingungen und -ereignisse sowie ihre jeweiligen Wahrscheinlichkeiten. „Risiken“ sind unerwartete Ereignisse und keine Veränderungen, von denen jeder bereits weiß, dass sie stattfinden werden. Und der Begriff des „systemisches Finanzrisikos“ steht für die Wahrscheinlichkeit, dass das gesamte Finanzsystem zusammenbricht, wie es 2008 beinahe geschehen wäre. Er bedeutet nicht, dass irgendwo irgendjemand Geld verliert, weil die Preise für bestimmte Vermögenswerte fallen – auch wenn die Zentralbanker ihren Zuständigkeitsbereich immer mehr in diese Richtung verlagern.

In verständlicher Sprache ausgedrückt bedeutet ein „Klimarisiko für das Finanzsystem“ also eine plötzliche, unerwartete, große und weitreichende Veränderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung des Wetters, die ausreicht, um Verluste zu verursachen, die die Sicherheitspuffer der Aktien und Langfristanleihen durchschlagen und damit eine systemübergreifende Flucht aus Kurzfristanleihen auslösen. Damit ist der fünf- bis höchstens zehnjährige Zeithorizont gemeint, für den die Regulierungsbehörden die Bilanzrisiken finanzieller Institutionen einschätzen können. Die Kredite für 2100 wurden noch nicht vergeben.

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