james178_Henning Schacht - PoolGetty Images_merkel apology Henning Schacht/Pool/Getty Images

Entschuldigungen für die Demokratie

BERLIN – Kanzlerin Angela Merkels eilige Aufhebung eines überstürzt ausgerufenen Oster-Lockdowns war überraschend - ja sogar schockierend, angesichts ihres sonst stets so bedachten Auftretens. Noch außergewöhnlicher gestaltete sich die Entschuldigung, die sie vor dem Parlament abgab: „Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler, denn am Ende trage ich für alles die letzte Verantwortung. Das bedauere ich zutiefst, und dafür bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung.”

Merkels Kurswechsel war richtig. Der im Rahmen einer langwierigen, nächtlichen Konferenz mit den Ministerpräsidenten der Länder beschlossene Lockdown hätte lebenswichtige Lieferketten lahmgelegt und vor der abrupten Schließung noch für Chaos in den Lebensmittelgeschäften gesorgt. Dieser Schritt hätte womöglich nicht nur Geld, sondern auch Leben gekostet.  

Nur wenige Regierungen pflegen einen so offenen Umgang hinsichtlich ihrer eigenen Grenzen wie jene unter Merkel. Auf der ganzen Welt traten aufgrund der Pandemie Probleme zutage, mit denen Demokratien konfrontiert sind, wenn sie auf komplexe und sich schnell verändernde Situationen zu reagieren haben. Sind Regierungen gezwungen, so zahlreiche Entscheidungen zu treffen, erscheinen manche unweigerlich als ungerecht oder falsch oder beides.

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