leonard54_David CliffSOPA ImagesLightRocket via Getty Images_euflag David Cliff/SOPA Images/LightRocket via Getty Images

Wie sich die Globalisierung retten lässt

BERLIN – Winston Churchill hat einmal geäußert, dass zu viele Menschen zwar „über die Wahrheit stolpern, aber sich berappeln und weitereilen, als wäre nichts passiert“. Doch im Falle von COVID-19 hat es die Welt mit unbequemen Fakten zu tun, die sich unmöglich ignorieren lassen. Wie die Finanzkrise von 2008 und die Flüchtlingskrise von 2015 in Europa hat die Pandemie eine tiefe Anfälligkeit für systemische Bedrohungen deutlich gemacht.

Die letztliche Rolle des Staates – der Zweck von Souveränität schlechthin – ist es, den Bürgern einen angemessenen Schutz vor existentiellen Risiken zu bieten. Doch scheint die Globalisierung die Fähigkeit des modernen Staats untergraben zu haben, mit unwahrscheinlichen, aber wirkstarken Szenarien fertig zu werden. Genau wie die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA die Menschen zu einem Umdenken in Sicherheitsfragen zwangen, zwingt die COVID-19-Krise uns zu einem frischen Blick auf die Art und Weise, wie wir mit Interdependenzen umgehen.

Es ist verführerisch, zu fragen, ob diese Krise sich wirksamer durch Nationalismus oder internationale Koordination lösen lässt. Doch ist dies die falsche Frage. In Wahrheit geht es darum, ob Interdependenz mit der fortgesetzten Existenz der Nationalstaaten vereinbar ist und diese ergänzen kann. Im heutigen politischen Umfeld ist es schlicht zu wenig, über die Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung offener Märkte und Grenzen zu dozieren. Sobald das Coronavirus als globale Bedrohung erkannt wurde, schlossen die meisten nationalen Regierungen instinktiv als Erstes ihre Grenzen. Forderungen nach internationaler Koordination mittels der G20 waren ein nachträglicher Einfall.

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