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Was stimmt nicht mit dem heutigen Kapitalismus?

PRINCETON – Der Kapitalismus ist relativ plötzlich sichtbar erkrankt. Das Virus des Sozialismus ist wieder da und infiziert einmal mehr die junge Generation. Weisere Köpfe, die die vergangenen Erfolge des Kapitalismus respektieren, möchten ihn retten und haben daher Diagnosen und Heilmittel vorgeschlagen. Doch überschneiden sich ihre Vorschläge manchmal mit denen derjenigen, die das System einreißen wollen, was die traditionelle Unterscheidung zwischen links und rechts ad absurdum führt.

Zum Glück hat sich der ehemalige Gouverneur der indischen Notenbank, Raghuram G. Rajan, der heute an der Booth School of Business der Universität Chicago lehrt, mit seiner beispiellosen Kenntnis und Erfahrung des Problems angenommen. In seinem neuen BuchThe Third Pillar: How Markets and the State Leave Community Behind argumentiert er, dass das Krebsgeschwür, das den heutigen Kapitalismus befallen hat, weder durch ein Versagen des „Leviathan“ (d. h. des Staates) noch des „Behemoth“ (d. h. des Marktes) bedingt sei, sondern durch eines der Gemeinschaft, die kein Gegengewicht gegen diese Monster mehr darstelle. Rajan verordnet daher einen „inklusiven Lokalismus“, um wieder Gemeinwesen aufzubauen, die den Menschen Selbstrespekt, Status und einen Lebenssinn vermitteln können.

Rajans Buch ist – wie das das Buch Sozialer Kapitalismus des Ökonomen Paul Collier von der Universität Oxford – Teil eines rasch wachsenden Genres von Kritiken durch die Freunde des Kapitalismus. Rajan ist ein Kapitalismusbefürworter, der akzeptiert hat, dass der Kapitalismus nicht länger im Interesse des Gemeinwohls funktioniert und wieder unter Kontrolle gebracht werden muss.

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