acemoglu37_Jorge VillalbaGetty Images_USChina Jorge Villalba/Getty Images

Die Gefahren der Entkopplung

BOSTON – Das harte Vorgehen der chinesischen Regierung gegen Alibaba letztes Jahr und gegen den Mitfahr-Vermittler Didi diesen Monat hat die Spekulationen über die Zukunft der Technologiebranche des Landes weiter angeheizt. Manche verstehen die jüngsten regulatorischen Eingriffe in China als Teil eines berechtigten Trends, der parallel zur verstärkten Überwachung von Big Tech durch die US-Behörden verläuft. Andere sehen es als Maßnahme zur Kontrolle von Daten, die andernfalls vom Westen instrumentalisiert werden könnten. Und eine plausiblere Einschätzung deutet es als Schuss vor den Bug, der die chinesischen Konzerne daran erinnern soll, dass noch immer die Kommunistische Partei Chinas das Sagen hat.

Die logischste Erklärung ist aber folgende: Die Maßnahmen der chinesischen Regierung sind Teil einer umfassenden Strategie, China von den Vereinigten Staaten zu entkoppeln – eine Entwicklung mit möglicherweise ernsten globalen Konsequenzen. Obwohl sich die wirtschaftlichen und strategischen Beziehungen zwischen China und den USA schon seit längerer Zeit stetig verschlechtern, hätten wohl die wenigsten geglaubt, dass sich aus dieser Rivalität eine geopolitische Konfrontation nach dem Muster des Kalten Krieges bilden könnte. Dafür waren die USA lange zu sehr von China abhängig und beide Volkswirtschaften zu eng verflochten. Jetzt erleben wir vielleicht, wie ein grundlegend anderes Gleichgewicht entsteht.

Der Kalte Krieg war vom Spiel dreier miteinander verknüpfter Kräfte geprägt. Die erste, und vielleicht wichtigste, war der ideologische Wettstreit. Der Westen unter Führung der USA und die Sowjetunion hatten unterschiedliche Vorstellungen von der richtigen Weltordnung und versuchten beide, ihre Vision mit allen Mitteln zu verbreiten. Dann gab es die militärische Dimension, die sich besonders deutlich im atomaren Wettrüsten zeigte. Und beide Blöcke strebten die wissenschaftliche, technologische und wirtschaftliche Führungsrolle an, weil sie wussten, dass diese nötig war, um sich ideologisch und militärisch durchzusetzen.

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