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Die Entscheidung Europas

BERLIN – Der kriegerische Überfall Russlands auf die Ukraine wird Europa erneut in zwei Teile zerteilen. Ost- und Westeuropa werden erneut voneinander getrennt werden, und die Grenze zwischen den beiden europäischen Teilen wird vermutlich auf lange Zeit eine gefährliche, militärisch gesicherte werden. Wir wissen zwar heute noch nicht, wie und wann dieser Krieg zu Ende gehen wird, aber spätestens mit dem Besuch der Staats- und Regierungschefs der größten drei EU Mitgliedstaaten und Rumäniens in Kiew und der dort von allen angekündigten Unterstützung für das Beitrittsgesuch der Ukraine und Moldawiens zur EU und seit der offiziellen Unterstützung dieses Antrags seitens der EU-Kommission in der letzten Woche kann man wohl davon ausgehen, dass sowohl die Ukraine als auch Moldawien innerhalb kurzer Frist zu Beitrittskandidaten und nach einigen Jahren auch Mitglieder der EU werden.

Dieser Vorgang wird die bisherige EU fundamental verändern, denn dadurch wird sie zum geopolitischen Akteur, ja, zum Gegner Russlands auf dem europäischen Kontinent. Durch den Überfall auf die Ukraine wurde zweifelsfrei klargestellt, dass die Grundsätze eines von Putin erträumten wiederhergestellten russischen Imperiums mit den auf gleicher Souveränität, territorialer Integrität und unantastbaren Grenzen beruhenden Grundsätzen der Rechtsgemeinschaft der EU nicht kompatibel sind.

Die EU hat diese Entscheidung nicht aus eigenem Antrieb gefällt, sondern wurde durch Putins Aggression zu ihr gezwungen: Die Alternative ist recht einfach und in der Konsequenz durchaus furchtbar: sich entweder den Machtansprüchen des Kreml zu unterwerfen oder die eigenen freiheitlichen, demokratischen Grundsätze zu verteidigen. Und die EU hat sich entschieden, für ihre Grundsätze und die Freiheit. Jeder faule Kompromiss würde eh nicht funktionieren, da sich, wie gesagt, die Positionen des russischen Imperiums und diejenigen der Europäischen Union gegenseitig ausschließen.

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