roach118_Artur WidakNurPhoto via Getty Images_currency Artur Widak/NurPhoto via Getty Images

Vom amerikanischen zum europäischen Exzeptionalismus

NEW HAVEN – Für einen überzeugten Euroskeptiker sind dies schwer zu schluckende Worte. Wie viele andere auch stand ich Europas Wirtschafts- und Währungsunion lange kritisch gegenüber und betrachtete sie als funktionsgestörten Währungsraum. Ungeachtet eines starken politischen Bekenntnisses zur europäischen Einigung als Gegenmittel zu einem Jahrhundert des Kriegs und verheerenden Blutvergießens fehlte dem WWU-Schemel immer ein unverzichtbares Bein: die Fiskalunion.

Das war einmal. Die am 21. Juli erzielte Einigung über den „Next Generation EU“ genannten EU-Wiederaufbaufonds im Volumen von 750 Milliarden Euro ändert dies – mit profunden, bleibenden Auswirkungen sowohl für den überbewerteten US-Dollar als auch für den unterbewerteten Euro.

Anders als die USA, die die sich durch die epische COVID-19-Krise bietenden Chancen zu vertun scheinen, zeigt sich Europa der Situation gewachsen – und das nicht zum ersten Mal. Im Juli 2012 schwor der damalige EZB-Präsident Mario Draghi auf dem Höhepunkt einer scheinbar tödlichen Staatsschuldenkrise, er würde tun, „was immer nötig ist“, um den gebeutelten Euro zu verteidigen. Während dieses Versprechen die Glaubwürdigkeit der Europäischen Zentralbank als unerschütterliche Hüterin der Gemeinschaftswährung festigte, tat es nichts, um der größeren Notwendigkeit zu begegnen: dem Zwang, nationale Souveränität gegen einen Europa übergreifenden fiskalischen Transfermechanismus einzutauschen.

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