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Europas vergebliche Suche nach einer deutsch-französischen Führung

HAMBURG – Jahrzehntelang galten Frankreich und Deutschland als Europas regierendes „Tandem” oder „Paar”, ja sogar als sein „Motor”. Gemeinsam wollten sie sich für die Einigung des Kontinents einsetzen. Aber, um noch eine Metapher zu bemühen, die Franzosen wollen den gemeinsam geleasten Euro-Porsche fahren, während die Deutschen darauf bestehen, das Benzingeld zu rationieren. Wie eine lange Liste von Krisen - von Belarus bis Berg-Karabach - jetzt zeigt, gibt es keine Abstimmung zwischen den beiden Ländern.

Das ist nicht überraschend. Wie der ehemalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel es formuliert hat, „sehen Frankreich und Deutschland die Welt anders” und haben daher „unterschiedliche Interessen”. Die Wahrheit ist, dass die deutsch-französische Divergenz fast so alt ist wie die Europäische Union.

Diese Spaltung beunruhigt die derzeitigen französischen und deutschen Staats- und Regierungschefs - Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel - ebenso wie sie ihre großen Vorgänger Charles de Gaulle und Konrad Adenauer beunruhigt hat, die sich vor 60 Jahren über den Rhein hinweg die Hände gaben. Sie sollten aus alten Feinden vertrauenswürdige Freunde machen. Aber Staaten heiraten nicht. Sie gehorchen Interessen, nicht einander.

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