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Eine Frage der fiskalischen Bewegungsfreiheit

NEW DELHI – Die auffälligste unter den zahlreichen Ungleichheiten, die als Folge der COVID-19-Pandemie zutage traten, besteht in dem dramatischen Unterschied zwischen den fiskalischen Gegenmaßnahmen der einzelnen Länder. Weltweit ist die Wirtschaftstätigkeit aufgrund der Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus zusammengebrochen. Während allerdings einige Industrieländer beispiellose Konjunkturprogramme schnüren konnten, waren die meisten Staaten dazu nicht in der Lage.

Seit März hat die US-Regierung zusätzliche Ausgaben in der Höhe von über 14 Prozent des BIP angekündigt. In Japan liegt dieser Wert bei über 21 Prozent, verglichen mit beinahe 10 Prozent in Australien und etwa 8,4 Prozent in Kanada. In Europa führte die fehlende Einigkeit hinsichtlich starker gemeinsamer Konjunkturmaßnahen zu vielfältigen Reaktionen auf die Krise, wobei sich die zusätzlichen Staatsausgaben in einem Bereich zwischen 1,4 Prozent des BIP in Italien und 1,6 Prozent in Spanien bis zu 9 Prozent in Österreich bewegen. Deutschland und Frankreich rangieren mit 4,9 beziehungsweise 5 Prozent im Mittelfeld.  Aufgrund der strengen EU-Haushaltsregeln werden die Staatsausgaben in genau jenen Ländern beschränkt, die fiskalische Anreize am dringendsten benötigen würden.

Unterdessen haben geldpolitische Gegenmaßnahmen die auf subnationaler Regierungsebene in vielen Industrieländern verfügbaren haushaltspolitischen Kapazitäten erweitert. Durch Zinssenkungen, den Ankauf von Kommunal- und Regionalanleihen sowie die Einführung neuer Kreditfazilitäten für bestimmte Sektoren und Unternehmen haben die US-Notenbank Federal Reserve und andere große Zentralbanken alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt, um die Kreditkosten niedrig zu halten und die Liquidität öffentlicher Stellen zu erhalten.

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