palacio121_YAMIL LAGEAFP via Getty Images_cuba YAMIL LAGE/AFP via Getty Images

Vergessenes Lateinamerika

MADRID – Am vergangenen Wochenende gingen Tausende Kubaner auf die Straße, um gegen die herrschende Lebensmittel- und Medikamentenknappheit zu demonstrieren. Dabei handelt es sich um die größten Proteste in Kuba seit Jahrzehnten. Doch das Land steht nicht allein da: In ganz Lateinamerika verschärfen sich die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Krisen - mit schrecklichen Folgen. Die Europäische Union muss beginnen, dieser Situation Aufmerksamkeit zu schenken.

In der gesamten Region haben sich die Volkswirtschaften allmählich abgeschwächt und der Populismus befindet sich seit geraumer Zeit auf dem Vormarsch. Doch die Covid-19-Krise hat Lateinamerika in die schlimmste wirtschaftliche Rezession seit einhundert Jahren gestürzt. Mit der Aushöhlung der Mittelschicht hat die Pandemie die Ungleichheit in der ohnehin schon am stärksten von Ungleichheit betroffenen Region der Welt noch verstärkt. Mittlerweile lebt ein Drittel der Bevölkerung Lateinamerikas in extremer Armut (1,90 Dollar pro Tag oder weniger, laut Definition der Weltbank).

Angesichts der enormen sozioökonomischen Vielfalt der Region mag es unpassend, ja sogar respektlos erscheinen, Lateinamerika als eine Einheit zu betrachten. Doch es bestehen beträchtliche Überschneidungen hinsichtlich der Herausforderungen, vor denen die Länder stehen.

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