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Wie der Stakeholder-Kapitalismus Realität wird

BERKELEY – Seit einem halben Jahrhundert haben sich amerikanische Unternehmen (und viele andere weltweit) dem Aktionärsprimat verschrieben, welches besagt, dass die einzige Verantwortung der Firmen darin bestünde, ihre Gewinne zu maximieren. Doch diese Maxime wird mittlerweile sogar von den Unternehmenslenkern selbst infrage gestellt. Die US-amerikanische Organisation Business Roundtable gab letztes Jahr bekannt, einen Stakeholder-Ansatz verfolgen zu wollen, der nicht nur Aktionäre, sondern auch Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und Kommunen im Blick haben wird, die man ebenfalls als  wesentliche Elemente für den Geschäftserfolg betrachtet.   

Wenn die amerikanischen Wirtschaftsführer im Rahmen des diesjährigen 50. Jahrestreffens des Weltwirtschaftsforums mit ihren europäischen Kollegen zusammenkommen, werden sie diskutieren, wie man dem vom Gründer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, in den 1970er Jahren erstmals artikulierten Konzept des Stakeholder-Kapitalismus konkrete Bedeutung verleihen könnte. Im Vorfeld des diesjährigen Treffens schlug Schwab ein neues „Davoser Manifest” vor, in dem potenzielle Kompromisse zwischen den Interessen der verschiedenen Stakeholder genannt werden und in dem nach Wegen gesucht wird, diese Unterschiede in den Interessenlagen durch das gemeinsame Ziel der langfristigen Wertschöpfung zu reduzieren oder zu beseitigen.

Kritiker sind über die Stellungnahmen des Business Roundtable und des WEF hergefallen und haben diese als „hohle Phrasen” oder als Märchen abgetan. Andere verunglimpften sie als Farce der Eliten, die über sich selbst diskutieren, anstatt mit denjenigen zu sprechen, denen sie Schaden zufügten. Doch obwohl eine gewisse Skepsis angebracht ist, gibt es bereits vielversprechende Anzeichen für eine Änderung des Unternehmensverhaltens. Sowohl das WEF als auch Business Roundtable haben begonnen, Pläne für die praktische Umsetzung des Stakeholder-Kapitalismus zu entwickeln.

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