SEATTLE – Die Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gefährdet. Das war die deutliche Warnung in einem kürzlich erschienenen Bericht des Weltklimarates (IPCC) über Klimawandel und Landnutzung. Die Zeichen sind bereits allgegenwärtig. Hunderte von Millionen Menschen weltweit leiden an Hunger und Unterernährung, was eine der größten Massenmigrationen der jüngsten Vergangenheit nach sich zieht. Damit Menschen dort bleiben können, wo sie sind, bedarf es in erster Linie der Stärkung ihres Rechts dort zu sein.
Die Verbesserung der Ernährungssicherheit angesichts des sich verschärfenden Klimawandels, so die Schlussfolgerung des Weltklimarates, erfordert ein radikales Umsteuern bei der Landnutzung. Unter anderem müssen Bauern landwirtschaftliche Praktiken – wie effizientere Bewässerung, Terrassierung und Agroforstwirtschaft – einführen, die die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel verbessern, Boden und Bäume erhalten und die Produktion steigern.
Doch Millionen von Landbewohnern mangelt es an der Stabilität oder an den Möglichkeiten, in einen solchen Wandel zu investieren, was weitgehend auf ungesicherte Landrechte zurückzuführen ist. Während der Klimawandel immer stärker wird, haben sie zunehmend Probleme ihre Existenzgrundlage aufrechtzuerhalten und ihre Versorgungssituation mit Nahrungsmitteln wird immer angespannter. Viele ländliche Familien können kaum überleben, geschweige denn der Armut entkommen.
Dieses Problem ist besonders deutlich in Lateinamerika, der Region mit der weltweit größten Ungleichheit in Bezug auf die Landverteilung. Mehr als die Hälfte aller Nutzflächen in Lateinamerika befindet sich im Besitz von lediglich einem Prozent der Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, wobei die Wahrscheinlichkeit in den Genuss sicherer Landrechte zu kommen bei ländlichen und indigenen Bevölkerungsgruppen besonders gering ist. Sie sind somit nicht in der Lage, das, was ihr produktivstes Gut sein sollte, zu ihrem Vorteil zu nutzen oder auch nur davon auszugehen, dass dieses Gut in ihrem Besitz bleibt.
Vor allem Mittelamerika ist von ungleich verteiltem Land und klimabedingtem Hunger betroffen. Im sogenannten „Trockenkorridor“ – der sich durch Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua erstreckt und in dem die Hälfte der mittelamerikanischen Kleinerzeuger des Grundnahrungsmittels Getreide lebt – haben fünf Jahre anhaltender Dürre die Bodenverschlechterung beschleunigt und die Ernteerträge und die wirtschaftliche Sicherheit stark beeinträchtigt.
Heute sind schätzungsweise 1,4 Millionen Menschen im Trockenkorridor auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Doch bisher haben nur 160.000 Menschen Unterstützung erhalten. Migration – sei es in städtische Gebiete innerhalb ihrer Heimatländer oder grenzüberschreitend in Gegenden mit einer sichereren Nahrungsversorgung – scheint oft der letzte Ausweg. Es ist kein Zufall, dass ein Großteil der Tausenden von verzweifelten Migranten, die an der südlichen Grenze der Vereinigten Staaten ankommen, aus Mittelamerika stammt. Migration in einem derart großen Maßstab hat Auswirkungen auf die Landrechte in städtischen und ländlichen Gebieten. Menschen, die in Städte abwandern, landen oft in Slums, ohne Zugang zu angemessenem Wohnraum, geschweige denn zu grundlegenden Dienstleistungen wie öffentlichen Verkehrsmitteln, sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen, Schulen und Gesundheitseinrichtungen. Da so wenige Slumbewohner verbriefte Landrechte haben, ist die Gefahr vertrieben zu werden groß.
Access every new PS commentary, our entire On Point suite of subscriber-exclusive content – including Longer Reads, Insider Interviews, Big Picture/Big Question, and Say More – and the full PS archive.
Subscribe Now
Die Rückkehr in die ländlichen Gebiete, aus denen sie gekommen sind, ist für diese Migranten oft keine Alternative, weil es ihnen an durchsetzbaren Rechtsansprüchen auf das Land fehlt, das sie zurückgelassen haben. Diejenigen, die bleiben, können der Landnahme durch wohlhabendere, mächtigere Akteure zum Opfer fallen, so dass Familien keine andere Wahl haben, als zu migrieren. Da der Klimawandel die Gesamtfläche an Ackerland schrumpft, verschärft sich der Konflikt, um das, was übrig bleibt in Lateinamerika und auf der ganzen Welt.
Das Problem ist weitreichend, aber die Lösungen sind einfach: Gesetzesreformen, die die Landrechte für ländliche Gemeinschaften stärken. Mit einem sicheren Eigentumsrecht an ihrem Land wären Bauern in der Position und hätten die Motivation, in die Förderung der Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel und der Produktivität zu investieren und damit die Ernährungssicherheit für ihre Gemeinden und Länder zu verbessern. Eine gezielte Unterstützung solcher Investitionen würde diesen Prozess natürlich beschleunigen.
Solche Bemühungen – die von vielen Gebern von Entwicklungshilfe, internationalen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen (einschließlich meiner Organisation Landesa) – unterstützt werden – könnten auch dazu beitragen, den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen und zu besseren Ergebnissen in Wirtschaft und Entwicklung führen. Landreformen waren die „geheime Zutat“, die die asiatischen Tigerstaaten beflügelt hat. Chinas Wirtschaftswunder basierte auf individuellen Landnutzungsrechten für Bauern. Ähnliche Maßnahmen haben einen großen Beitrag zur Steigerung der ländlichen Einkommen in der ganzen Welt geleistet, an so unterschiedlichen Orten wie Indien, Ruanda und Kirgisistan.
US-Präsident Donald Trump hat den Anstieg der Migration aus Mittelamerika als „Sicherheitskrise“ bezeichnet, der seine Regierung begegnen will, indem sie verzweifelte Migranten interniert und Kinder getrennt von ihren Familien festhält.
In Wirklichkeit sind die USA an ihrer Südgrenze mit einer humanitären Krise konfrontiert, die einen positiven Ansatz erfordert. Anstatt sich auf Abschreckung zu konzentrieren, müssen die US-Regierung und andere Geber die eigentlichen Ursachen der Migration angehen. Das bedeutet Investitionen in Entwicklungsprogramme, die die wirtschaftliche Sicherheit und die Ernährungssicherheit stärken, indem sie die unsichtbare Bürde beseitigen, die ungesicherte Landrechte für Millionen der ärmsten Menschen der Welt bedeuten.
To have unlimited access to our content including in-depth commentaries, book reviews, exclusive interviews, PS OnPoint and PS The Big Picture, please subscribe
In the United States and Europe, immigration tends to divide people into opposing camps: those who claim that newcomers undermine economic opportunity and security for locals, and those who argue that welcoming migrants and refugees is a moral and economic imperative. How should one make sense of a debate that is often based on motivated reasoning, with emotion and underlying biases affecting the selection and interpretation of evidence?
To maintain its position as a global rule-maker and avoid becoming a rule-taker, the United States must use the coming year to promote clarity and confidence in the digital-asset market. The US faces three potential paths to maintaining its competitive edge in crypto: regulation, legislation, and designation.
urges policymakers to take decisive action and set new rules for the industry in 2024.
The World Trade Organization’s most recent ministerial conference concluded with a few positive outcomes demonstrating that meaningful change is possible, though there were some disappointments. A successful agenda of reforms will require more members – particularly emerging markets and developing economies – to take the lead.
writes that meaningful change will come only when members other than the US help steer the organization.
SEATTLE – Die Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gefährdet. Das war die deutliche Warnung in einem kürzlich erschienenen Bericht des Weltklimarates (IPCC) über Klimawandel und Landnutzung. Die Zeichen sind bereits allgegenwärtig. Hunderte von Millionen Menschen weltweit leiden an Hunger und Unterernährung, was eine der größten Massenmigrationen der jüngsten Vergangenheit nach sich zieht. Damit Menschen dort bleiben können, wo sie sind, bedarf es in erster Linie der Stärkung ihres Rechts dort zu sein.
Die Verbesserung der Ernährungssicherheit angesichts des sich verschärfenden Klimawandels, so die Schlussfolgerung des Weltklimarates, erfordert ein radikales Umsteuern bei der Landnutzung. Unter anderem müssen Bauern landwirtschaftliche Praktiken – wie effizientere Bewässerung, Terrassierung und Agroforstwirtschaft – einführen, die die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel verbessern, Boden und Bäume erhalten und die Produktion steigern.
Doch Millionen von Landbewohnern mangelt es an der Stabilität oder an den Möglichkeiten, in einen solchen Wandel zu investieren, was weitgehend auf ungesicherte Landrechte zurückzuführen ist. Während der Klimawandel immer stärker wird, haben sie zunehmend Probleme ihre Existenzgrundlage aufrechtzuerhalten und ihre Versorgungssituation mit Nahrungsmitteln wird immer angespannter. Viele ländliche Familien können kaum überleben, geschweige denn der Armut entkommen.
Dieses Problem ist besonders deutlich in Lateinamerika, der Region mit der weltweit größten Ungleichheit in Bezug auf die Landverteilung. Mehr als die Hälfte aller Nutzflächen in Lateinamerika befindet sich im Besitz von lediglich einem Prozent der Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, wobei die Wahrscheinlichkeit in den Genuss sicherer Landrechte zu kommen bei ländlichen und indigenen Bevölkerungsgruppen besonders gering ist. Sie sind somit nicht in der Lage, das, was ihr produktivstes Gut sein sollte, zu ihrem Vorteil zu nutzen oder auch nur davon auszugehen, dass dieses Gut in ihrem Besitz bleibt.
Vor allem Mittelamerika ist von ungleich verteiltem Land und klimabedingtem Hunger betroffen. Im sogenannten „Trockenkorridor“ – der sich durch Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua erstreckt und in dem die Hälfte der mittelamerikanischen Kleinerzeuger des Grundnahrungsmittels Getreide lebt – haben fünf Jahre anhaltender Dürre die Bodenverschlechterung beschleunigt und die Ernteerträge und die wirtschaftliche Sicherheit stark beeinträchtigt.
Heute sind schätzungsweise 1,4 Millionen Menschen im Trockenkorridor auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Doch bisher haben nur 160.000 Menschen Unterstützung erhalten. Migration – sei es in städtische Gebiete innerhalb ihrer Heimatländer oder grenzüberschreitend in Gegenden mit einer sichereren Nahrungsversorgung – scheint oft der letzte Ausweg. Es ist kein Zufall, dass ein Großteil der Tausenden von verzweifelten Migranten, die an der südlichen Grenze der Vereinigten Staaten ankommen, aus Mittelamerika stammt. Migration in einem derart großen Maßstab hat Auswirkungen auf die Landrechte in städtischen und ländlichen Gebieten. Menschen, die in Städte abwandern, landen oft in Slums, ohne Zugang zu angemessenem Wohnraum, geschweige denn zu grundlegenden Dienstleistungen wie öffentlichen Verkehrsmitteln, sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen, Schulen und Gesundheitseinrichtungen. Da so wenige Slumbewohner verbriefte Landrechte haben, ist die Gefahr vertrieben zu werden groß.
Subscribe to PS Digital
Access every new PS commentary, our entire On Point suite of subscriber-exclusive content – including Longer Reads, Insider Interviews, Big Picture/Big Question, and Say More – and the full PS archive.
Subscribe Now
Die Rückkehr in die ländlichen Gebiete, aus denen sie gekommen sind, ist für diese Migranten oft keine Alternative, weil es ihnen an durchsetzbaren Rechtsansprüchen auf das Land fehlt, das sie zurückgelassen haben. Diejenigen, die bleiben, können der Landnahme durch wohlhabendere, mächtigere Akteure zum Opfer fallen, so dass Familien keine andere Wahl haben, als zu migrieren. Da der Klimawandel die Gesamtfläche an Ackerland schrumpft, verschärft sich der Konflikt, um das, was übrig bleibt in Lateinamerika und auf der ganzen Welt.
Das Problem ist weitreichend, aber die Lösungen sind einfach: Gesetzesreformen, die die Landrechte für ländliche Gemeinschaften stärken. Mit einem sicheren Eigentumsrecht an ihrem Land wären Bauern in der Position und hätten die Motivation, in die Förderung der Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel und der Produktivität zu investieren und damit die Ernährungssicherheit für ihre Gemeinden und Länder zu verbessern. Eine gezielte Unterstützung solcher Investitionen würde diesen Prozess natürlich beschleunigen.
Solche Bemühungen – die von vielen Gebern von Entwicklungshilfe, internationalen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen (einschließlich meiner Organisation Landesa) – unterstützt werden – könnten auch dazu beitragen, den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen und zu besseren Ergebnissen in Wirtschaft und Entwicklung führen. Landreformen waren die „geheime Zutat“, die die asiatischen Tigerstaaten beflügelt hat. Chinas Wirtschaftswunder basierte auf individuellen Landnutzungsrechten für Bauern. Ähnliche Maßnahmen haben einen großen Beitrag zur Steigerung der ländlichen Einkommen in der ganzen Welt geleistet, an so unterschiedlichen Orten wie Indien, Ruanda und Kirgisistan.
US-Präsident Donald Trump hat den Anstieg der Migration aus Mittelamerika als „Sicherheitskrise“ bezeichnet, der seine Regierung begegnen will, indem sie verzweifelte Migranten interniert und Kinder getrennt von ihren Familien festhält.
In Wirklichkeit sind die USA an ihrer Südgrenze mit einer humanitären Krise konfrontiert, die einen positiven Ansatz erfordert. Anstatt sich auf Abschreckung zu konzentrieren, müssen die US-Regierung und andere Geber die eigentlichen Ursachen der Migration angehen. Das bedeutet Investitionen in Entwicklungsprogramme, die die wirtschaftliche Sicherheit und die Ernährungssicherheit stärken, indem sie die unsichtbare Bürde beseitigen, die ungesicherte Landrechte für Millionen der ärmsten Menschen der Welt bedeuten.
Aus dem Englischen von Sandra Pontow.