palacio114_ROBERTO SCHMIDTAFP via Getty Images_capitol riot Roberto Schmidt/AFP via Getty Images

Die Belagerung der Stadt auf dem Hügel

MADRID – 1940, als sich Europa im Krieg befand und die Vereinigten Staaten noch nicht daran beteiligt waren, erklärte US-Präsident Franklin Delano Roosevelt, sein Land müsse „das große Arsenal der Demokratie“ sein. Dies war wörtlich gemeint: Er appellierte an die Amerikaner, „sämtliche Bemühungen“ dafür zu verwenden, Waffen für die europäischen Demokratien herzustellen – insbesondere für Großbritannien in seinem Kampf gegen den Faschismus. Aber seine Worte hatten auch eine mächtige symbolische Wirkung und ernannten die USA zum weltweit führenden Bollwerk der Demokratie.

Am 6. Januar wurde dieses Bollwerk von einem Mob aus Unterstützern Donald Trumps durchbrochen. Vom Präsidenten selbst aufgehetzt stürmten sie das US-Kapitol, entweihten eins der größten Monumente der Demokratie und zwangen den Kongress, seine Abstimmung zur Bestätigung von Joe Bidens Wahlsieg zu unterbrechen. Durch diese Tat hat sich die Bösartigkeit von Trumps Präsidentschaft am bisher stärksten manifestiert – und auch die Bedrohung, den sein Erbe für das Experiment der amerikanischen Demokratie darstellt.

Der Erfolg dieses Experiments beruht historisch betrachtet auf drei Qualitäten, die Alexis de Tocqueville vor etwa 185 Jahren dargelegt hat: der Dynamik der amerikanischen Gesellschaft; dem Vertrauen und Respekt der Bürger in ihre Institutionen; und einer zukunftsorientierten Einstellung, die zu Risikobereitschaft und Innovationen ermutigt. In Europa, das durch eine lange und problematische Geschichte belastet war, fehlten diese Qualitäten.

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