roach140_Anna MoneymakerGetty Images_fed dollar Anna Moneymaker/Getty Images

Beim Dollar falsch gelegen - vorerst

NEW HAVEN – Ich hätte auf Alan Greenspan hören sollen – zumindest im Hinblick auf Währungsprognosen. Der frühere Präsident der US-Notenbank Federal Reserve sagte mir einmal, derartige Vorhersagen seien reines Glücksspiel, wobei die Chancen, damit richtig zu liegen, geringer wären als bei einer Wette auf einen Münzwurf. Vor zwei Jahren ließ ich den Rat des Maestros außer Acht und wagte die Prognose, dass der US-Dollar um 35 Prozent abstürzen werde.

Nach einem Rückgang von 9 Prozent in der zweiten Hälfte des Jahres 2020, der meine Prognose zu bestätigen schien, hat sich der Broad Dollar Index - der von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich berechnete reale effektive Wechselkurs – in die andere Richtung entwickelt und ist von Januar 2021 bis Mai 2022 um 12,3 Prozent in die Höhe geschnellt. Damit liegt der Dollar um 2,3 Prozent über dem Stand vom Mai 2020, als ich diese offenkundig törichte Einschätzung abgab. Wie konnte ich mich so irren?

Mein Gedankengang war von drei Faktoren geprägt: Amerikas Leistungsbilanz-Defizit, der Politik der Federal Reserve und Alternativlosigkeit. Ich argumentierte, dass man mit dem Zahlungsbilanzdefizit auf große Schwierigkeiten zusteuerte und eine passive Fed wenig tun würde, um dem Problem Einhalt zu gebieten – wodurch sich der Großteil der Leistungsbilanzanpassung tatsächlich nicht auf steigende Zinssätze, sondern auf eine sich abschwächende Währung konzentrieren würde. Außerdem teilte ich auch gegen die Alternativlosigkeit der Dollar-Verteidigung aus und versuchte Argumente für die Aufwertung von Euro und Renminbi zu liefern.

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