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Die Dilemmata der Abschreckung

CAMBRIDGE – Wir leben in einer Welt, in der geopolitische Stabilität weitgehend auf Abschreckung setzt. Doch wie lässt sich beweisen, dass Abschreckung funktioniert?

Nehmen wir den fortdauernden Krieg in Europa. Anfang Dezember 2021 warnte US-Präsident Joe Biden den russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass Russland im Falle eines Einmarsches in die Ukraine mit strengen neuen Sanktionen rechnen müsse ‒ vergeblich. Als dann die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten Russlands Pläne durchkreuzten, indem sie der Ukraine Waffen lieferten, rasselte Putin mit dem nuklearen Säbel. Doch die westliche Hilfe ging unvermindert weiter.

Ist die Abschreckung gescheitert oder war sie erfolgreich? Die Beantwortung dieser Frage stellt eine Herausforderung dar, denn sie erfordert eine Bewertung dessen, was ohne die Drohung geschehen wäre. Es ist schwierig, einen negativen Beweis zu führen. Wenn ich ein Schild mit der Aufschrift „Elefanten verboten“ an meiner Haustür anbringe und keine Elefanten in meinem Haus sind, habe ich sie dann abgeschreckt? Es hängt davon ab, inwieweit Elefanten, die lesen können, überhaupt erst ins Haus kommen.

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