jyu2_ANTON NOVODEREZHKINSPUTNIKAFP via Getty Images_wang yi ANTON NOVODEREZHKIN/SPUTNIK/AFP via Getty Images

Chinas heikler Balanceakt

LONDON – Wie weit China bei seiner Unterstützung Russlands genau gehen will, ist eine der wichtigsten Fragen zum Krieg in der Ukraine. Am 20. Februar warnte US-Außenminister Antony Blinken noch, China ziehe die Lieferung von Waffen („tödlicher Unterstützung“) an Russland in Betracht. Dann jedoch sprach sich China am 24. Februar, also am Jahrestag des russischen Angriffs, in einem Positionspapier für eine politische Lösung des Konflikts aus, bezeichnenderweise ohne seine „unbegrenzte Partnerschaft“ mit Russland zu erwähnen.

China Ziel war es, sich als neutraler Vermittler zu präsentieren. In Wirklichkeit steht Beijing aber immer noch eng an Russlands Seite, auch wenn diese Beziehung chinesische Diplomaten im Verlauf des letzten Jahres an den Rand der Verzweiflung gebracht haben dürfte. Immerhin müssen sie jeden Tag einen Drahtseilakt vollführen, der umso schwerer wird, je unverhohlener der russische Präsident zündelt und mit Atomwaffen droht.

Während Putin das Gesetz des Dschungels in seiner brutalsten Form feiert, muss China aufpassen, dass es nicht zu tief in den Konflikt hineingezogen wird. Schließlich läuft der Krieg für Russland gar nicht gut, und China hat immer noch die Hoffnung, seine Beziehungen mit den großen europäischen Volkswirtschaften reparieren zu können. Putin dagegen will möglichst deutlich machen, dass China hinter ihm steht. Deshalb hat er vor Kurzem für Chinas Spitzendiplomat Wag Yi den roten Teppich ausgerollt und dann auf einen (noch unbestätigten) kommenden Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping angespielt. Dank solcher diplomatischen Gesten kann er die ambivalente Position Chinas als Billigung seiner Invasion verkaufen.

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