molina2_Jason LarkinConstruction PhotographyAvalonGetty Images_airconditioners Jason Larkin/Construction Photography/Avalon/Getty Images

Langsamere Erderwärmung durch klimafreundliche Kühlung

SANTA BARBARA/SAN DIEGO – Die Ironie des Klimawandels ist oft grausam. In unserer sich stetig erwärmenden Welt explodiert beispielsweise vor allem in den Entwicklungsländern die Nachfrage nach Klimaanlagen und Kältetechnik. Mehr Klimaanlagen führen jedoch zu weiterer Erwärmung, sowohl aufgrund der darin enthaltenen chemischen Kältemittel als auch durch den Stromverbrauch dieser Geräte. Weltweit können bis zu 50 Prozent des Spitzenstrombedarfs während der immer länger dauernden warmen Jahreszeit auf Kühlung entfallen.

Ein neuer Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) und des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) auf Grundlage von Daten, die von einem Team unter unserer gemeinsamen Leitung erhoben wurden, zeigt, dass der Übergang zu energieeffizienter, klimafreundlicher Kühlung - unter Verwendung von Kältemitteln, die eine geringere Gefahr hinsichtlich der globalen Erwärmung darstellen - technisch und wirtschaftlich machbar ist. Durch den Einsatz der besten derzeit verfügbaren Technologien sowohl bei Kältemitteln als auch im Hinblick auf Energieeffizienz könnte bis 2060 das Äquivalent von bis zu 460 Milliarden Tonnen an Kohlendioxidemissionen vermieden werden. Diese Menge entspricht den weltweiten Treibhausgasemissionen im Laufe von acht Jahren. Bis 2030 würde man Emissionen sparen, die beinahe dem Ausstoß von 1.600 mittelgroßen Spitzenlastkraftwerken entsprechen.

Von entscheidender Bedeutung dabei ist die Eliminierung der „Superschadstoff“-Kältemittel namens Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) sowie eine Steigerung der Energieeffizienz von Kühlanlagen. Andernfalls könnten allein die Emissionen aus diesem Bereich das verbleibende „CO2-Budget” zur Eindämmung der globalen Erwärmung auf den „sicheren” Schwellenwert von 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Wert aufbrauchen.  

In dieser Hinsicht dient der weltweit erfolgreichste Umweltvertrag, das Montrealer Protokoll, als eine Quelle der Inspiration. Das 1987 verabschiedete Protokoll trat 1989 in Kraft und wandte sich mit Erfolg gegen die erste große Bedrohung der Erdatmosphäre: nämlich gegen die Zerstörung der schützenden Ozonschicht durch Fluorchlorkohlenwasserstoff-Kältemittel und verwandte Gase.

Gleichzeitig hat das Montrealer Protokoll mehr zur Verringerung der Klimabedrohung beigetragen als jedes andere Abkommen. Das Protokoll verhinderte nämlich eine Erwärmung in einem Ausmaß, wie ihn der gesamte Kohlendioxidausstoß des 20. Jahrhunderts verursachte, der für die Hälfte der Gesamterwärmung verantwortlich ist.  Bei diesen fluorierten Gasen handelt es sich auch um starke Treibhausgase – oder Klima-Superschadstoffe – mit einer tausende Male höheren Erwärmungskraft pro Molekül als CO2. Mit der Beseitigung dieser Treibhausgase hat das Montrealer Protokoll nicht nur für eine Erholung der Ozonschicht gesorgt, sondern auch die Entwicklung der Klimakrise erheblich verlangsamt.

Die jüngste verbindliche Maßnahme im Rahmen des Montrealer Protokolls ist das Kigali-Amendment des Jahres 2016, das darauf abzielt, die hauptsächlich als Kältemittel genutzten FKW auslaufen zu lassen und so bis 2100 eine Erwärmung im Ausmaß von bis zu 0,5 Grad Celsius zu vermeiden. Der ursprüngliche Zeitplan dieses Amendments gewährleistet, dass dieses Ziel zu etwa 90 Prozent erreicht wird.

Mit dem Kigali-Amendment erkannten die fast 200 Vertragsparteien des Montrealer Protokolls (darunter alle Uno-Mitglieder) auch die Bedeutung einer verbesserten Energieeffizienz von Klimaanlagen und anderen Kühlgeräten während der Umstellung von FKW auf klimafreundlichere Kältemittel an. Effizienzsteigerungen können die Klimavorteile des Kigali-Amendments bis Mitte des Jahrhunderts mehr als verdoppeln und gleichzeitig die Kosten der Erzeugung und Übertragung von Energie um fast 3 Billionen Dollar senken. Darüber hinaus wird man damit die monatlichen Stromrechnungen der Verbraucher senken, Arbeitsplätze für Installations- und Wartungspersonal schaffen und durch die Verringerung der Luftverschmutzung die öffentliche Gesundheit und die Produktivität der Landwirtschaft schützen.

Im UNEP-IEA-Bericht werden zehn Strategien aufgezeigt, die dazu beitragen würden, diese Vorteile zu verwirklichen. Dazu gehören die universelle Ratifizierung des Kigali-Amendments (der Meilenstein von 100 Ländern wurde im Juli erreicht), nationale Aktionspläne für den Bereich Kühlung, bewährte Maßnahmen wie Bauvorschriften und Mindestnormen für die Energieeffizienz sowie die Aggregation der Nachfrage nach nachhaltiger Kühlung durch Einkaufsgemeinschaften und Großmengenbeschaffung. Dies würde dazu beitragen, nachhaltige Kühlketten zur Verringerung des Nahrungsmittelverlusts zu entwickeln und eine wirkungsvolle Impfstoffverteilung zu gewährleisten. Darüber hinaus ist es von entscheidender Bedeutung, Verbesserungen in den Bereichen Wartung und Instandhaltung herbeizuführen sowie zu gewährleisten, dass ineffiziente Klimaanlagen nicht in Entwicklungsländern entsorgt werden.   

Das enorme Wachstum des Kühlungsbedarfs bedeutet, dass wir rasch handeln müssen. Heute sind weltweit schätzungsweise 3,6 Milliarden Klimaanlagen, Kühlschränke und ähnliche Geräte im Einsatz. Um den weltweiten Bedarf an Kühlung zu decken, wird sich diese Zahl bis 2050 auf 14 Milliarden Kältegeräte mehr als verdreifachen.

Der Zugang zu Kühlung entwickelt sich weltweit bereits zu einer vordringlichen Frage des Klimaschutzes und der sozialen Gerechtigkeit – insbesondere in den vielen asiatischen, afrikanischen und südamerikanischen Ländern, die unter zunehmend lebensfeindlichen Temperaturen sowie unter Armut, Wasserknappheit und anderen damit zusammenhängenden Problemen leiden. Beispielsweise verfügen heute nur etwa 7-9 Prozent der indischen Haushalte über Zugang zu einer Klimaanlage. In China liegt dieser Wert bei 60 und in den USA bei 90 Prozent. Allein in Indien wird die Nachfrage nach Klimageräten in den kommenden Jahrzehnten um mehr als eine Milliarde wachsen. Während dieser Zeit wird es entscheidend sein, die Kühlung weniger umweltbelastend zu gestalten. Eine Senkung der Kosten, wie sie Indien durch sein innovatives Massenbeschaffungsprogramm  erreicht hat, wird ebenfalls Vorteile bieten.

Die Tatsache, dass das Montrealer Protokoll mehr Erfolg bei der Reparatur der Ozonschicht und der stärkeren Eindämmung der für die Erwärmung verantwortlichen Treibhausgase zeitigte als jede andere Maßnahme, sollte uns Mut schöpfen lassen. Alle Länder müssen jetzt vernünftige Initiativen ergreifen, um die Kühlung effizienter, weniger emissionsintensiv und für die Verbraucher erschwinglicher zu gestalten. Am vordringlichsten ist jedoch, die jüngsten Erkenntnisse hinsichtlich der Empfindlichkeit des Planeten gegenüber fortgesetzten Emissionen zu berücksichtigen und zu erkennen, dass ein unkontrollierbarer Klimawandel ohne rasche Maßnahmen viel schwerer zu verhindern sein wird.

Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier

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