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Riskieren wir eine Schuldenpandemie?

BERLIN – Der 12. Oktober 2020 wird in die deutsche Finanzgeschichte eingehen. Zum ersten Mal stieg die staatliche Neuverschuldung an diesem Tag um mehr als 10.000 € pro Sekunde; das ist schneller als während der globalen Finanzkrise 2007-2009, als eine enorm hohe Nettokreditaufnahme erforderlich war. Diese rasante Schuldenzunahme in Deutschland und anderen Ländern weltweit ist der Preis, den wir zahlen, um die wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 aufzufangen.

Im Bundestag haben sich die finanzpolitischen Folgen der Pandemie zu einer zentralen Sorge entwickelt. Deutschlands enormes, 1,3 Billionen Euro schweres Rettungs- und Konjunkturpaket heizt die jahrelange Debatte über die langfristige Tragfähigkeit der deutschen Schulden weiter an. Die zentrale Frage ist, ob und für wie lange Staat und Gesellschaft die wachsende Belastung weiter schultern können.

Detaillierte Einschätzungen geben Anlass zur Hoffnung, dass Deutschland gut vorbereitet ist. Wir haben einen Kurs der Nachhaltigkeit verfolgt, die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes aus dem Vertrag von Maastricht eingehalten und unsere Schulden vor Ausbruch der Pandemie auf unter 60% vom BIP gesenkt. Diese Konsolidierungsmaßnahmen der vergangenen zwölf Jahre haben Deutschland gewisse Finanzspielräume verschafft, die nun in der Krise genutzt werden können. Der Ökonom Kenneth Rogoff von der Universität Harvard, ein ehemaliger Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, argumentiert seit langem, dass Deutschlands starke Bilanz unserem Land die Fähigkeit verschafft, in einer tiefen Krise kraftvoll zu reagieren.

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