goldberg23_Daniel BerehulakGetty Images_indiacoal Daniel Berehulak/Getty Images

Die Klima-Elefanten im Raum

NEW HAVEN – Seit die Lügen und Scheindebatten der Klimaleugner endlich zum Schweigen gebracht wurden, hat der Kampf gegen den Klimawandel für die Weltgemeinschaft höchste Priorität. Aber die Zeit ist knapp und wie der Internationale Währungsfonds warnt, wird jede weitere Verzögerung bei der Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen die Kosten für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft weiter in die Höhe treiben. Und was noch schlimmer ist: Wir haben noch immer keine konkrete, pragmatische Strategie, wie wir das Problem lösen können. Obwohl Wirtschaftswissenschaftler schlüssig darlegen können, warum CO2-Steuern die beste Lösung sind, hat sich diese Lösung als politisch nicht durchsetzbar erwiesen, zumindest nicht in den Ländern, die für die höchsten Emissionen verantwortlich sind (und insbesondere den USA).

Kommentatoren betonen außerdem, dass der Klimawandel ein gemeinsames Problem mit bedeutenden externen Effekten ist und deshalb durch einen multinationalen Ansatz und globale Koordination gelöst werden muss. Dieses Argument stößt jedoch auf ebenso taube Ohren wie der Ruf nach CO2-Steuern. Und angesichts der aktuellen geopolitischen Lage und der zunehmenden Fragmentierung der Weltwirtschaft ist wenig Hoffnung, dass die Botschaft in näherer Zukunft doch noch gehört wird.

Die Weltbank hat sich zwar verpflichtet, die Entwicklungsländer beim Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen, wird jedoch von ihrem länderbezogenen Finanzierungsmodell behindert. Nun wägt sie ihre Optionen ab und überlegt, wie sie ihre klimabezogenen Finanzhilfen am besten grenzüberschreitend koordinieren kann. Diese Bemühungen sind zwar gut gemeint und entsprechen dem Geist des Multilateralismus, sorgen aber dafür, dass sich konkrete Maßnahmen weiter verzögern. Die Finanzhilfen der Weltbank müssten komplett umstrukturiert werden und eine Koordination von Maßnahmen in mehreren Ländern mit beschränkten finanziellen Ressourcen und häufig auch widerstreitenden Interessen scheint ein Ding der Unmöglichkeit. So besitzen manche Entwicklungsländer beispielsweise reiche Öl- und Gasvorkommen, während andere über fast keine Energiequellen verfügen.

Angesichts dieser Hindernisse, erfordert der Pragmatismus eine Konzentration auf die größten Klimasünder. Die weltweiten CO2-Emissionen konzentrieren sich auf nur eine Handvoll Länder und Regionen. China, die USA, die Europäische Union, Japan und Russland sind gemeinsam für 63 % aller Emissionen verantwortlich und keiner dieser wichtigsten Verursacher gehört mehr zu den Niedrigeinkommensländern. China, das ärmste Land der Gruppe, steht für rund 30 % aller Emissionen und ist damit in absoluten Zahlen der bei weitem größte Verursacher. Allerdings tut seine Regierung derzeit alles, um den Umstieg auf grüne Energien zu beschleunigen – aufgrund der reichen Vorkommen an seltenen Erden eine erfolgsversprechende Strategie.

Indien, der drittgrößte Verursacher stößt derzeit 7 % der weltweiten CO2-Emissionen aus und seine Größe und Wachstumszahlen deuten darauf, dass das Land China in absehbarer Zeit als größten Klimasünder ablösen könnte, wenn es seine Klimaschutzmaßnahmen nicht verschärft. Wenn es darum geht, Entwicklungsländer beim Umstieg auf klimaneutrale Technologien zu helfen, ließe sich demnach schon durch eine gezielte Unterstützung Indiens sehr viel erreichen. Diese Strategie hätte den großen Vorteil, dass sie die Hindernisse und Sackgassen vermeidet, die multilaterale Ansätze in einer immer stärker fragmentierten Welt immer wieder behindern.

Das heißt nicht, dass wir vor Projekten zurückscheuen sollten, die in anderen Ländern zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel umgesetzt werden. Aber wir müssen nicht immer darauf warten, dass alle an Bord sind, bevor wir überhaupt etwas tun. Alle, die auf einen multilateralen Ansatz beharren, sollten aus der Erfahrung der multilateralen Institution schlechthin lernen: der Welthandelsorganisation. Ihre Vorgabe, dass jede einzelne Bestimmung in jedem multilateralen Abkommen einstimmig angenommen werden muss, lähmt sie zunehmend und hat den Ruf nach Reformen laut werden lassen.

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Natürlich ist Klimaschutz auch in Indien nicht einfach zu haben. Das Land hat reiche Kohlevorkommen und, von der Gesundheit seiner Bürger abgesehen, wenig Anreize, die Klimawende schnell voranzutreiben. Bei einer Konzentration auf Indien, wäre das Zuckerbrot jedenfalls wesentlich hilfreicher als die Peitsche.

Weil die Peitsche meist als Druck zur CO2-Besteuerung daherkommt, ist dies ein No-Go. Eine Steuer wäre nutzlos, weil sie (wie schon in den USA) auf massive Opposition treffen würde. Außerdem wäre sie moralisch fragwürdig, weil es unfair ist, ein Land mit niedrigem bis mittleren Einkommen zur Senkung seiner CO2-Emissionen zu zwingen, während reiche Länder (wie die USA) sich weigern. Außerdem gehören China und Indien zwar heute zu den größten Verursachern der Welt, tragen jedoch wenig Schuld an den früheren kumulativen Emissionen, die zur aktuellen Klimakrise geführt haben.

Bliebe noch das Zuckerbrot in Form von steuerlichen Anreizen oder Beihilfen zur Förderung grüner Energien. In Kombination mit anderen Maßnahmen können solche Anreize Unternehmen zur Einhaltung strengerer Umweltnormen anregen (wie denjenigen, die mit einem Handelssystem mit festen Emissionsobergrenzen) verbunden sind. Solche Maßnahmen sind jedoch teuer, sodass Klimaschutz dort nur gelingen kann, wenn sich reichere Länder an ihrer Finanzierung beteiligen. Gleich ob Indien das neue China wird oder nicht, können wir immer noch verhindern, dass es auch zum neuen Mega-Klimasünder wird.

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