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Economic Statecraft für die ökologische Wende

PARIS: Die Europäische Union steht derzeit vor zwei großen Herausforderungen: die ökologische Wende umzusetzen und wirtschaftliche Führungsstärke auszuüben. Beides sind existentielle Herausforderungen. So wie die ökologische Wende zum Schutz des Planeten, von dem unser Überleben abhängig ist, lebenswichtig ist, ist wirtschaftliche Führungsstärke unverzichtbar, um jenes demokratische, umweltfreundliche marktgestützte Modell zu bewahren, auf dem unsere Lebensweise beruht. Economic Statecraft bietet ein Mittel, um beide Herausforderungen zu bewältigen.

Für uns Europäer wird eine derartige Politik eine radikale Mentalitätsveränderung erfordern. Wir sind es gewohnt, eine wirtschaftliche Supermacht zu sein, aber lernen noch, wie man politische Macht ausübt. Tatsächlich hat die EU immer davon abgesehen, in den Kategorien der Economic Statecraft zu denken. Die Entwicklung der EU wurde durch Handel vorangetrieben und durch eine sich ständig weiterentwickelnde, aber letztlich berechenbare regelgestützte internationale Wirtschaftsordnung gestützt.

Doch die Welt hat sich verändert. Während der letzten beiden Jahrzehnte und insbesondere in den letzten Jahren haben eine Reihe von Erschütterungen – von der COVID-19-Pandemie hin zu Russlands großangelegter Invasion der Ukraine – die Anfälligkeit aufgezeigt, die sich aus Interdependenzen ergeben kann. Daher hat die EU ein „geopolitisches Erwachen“ erlebt, und die Mitgliedstaaten erkennen nun die Notwendigkeit größerer Souveränität, um ihre Sicherheit zu gewährleisten – nicht nur in Bezug auf die Verteidigung, sondern auch auf die Wirtschaft und, allgemeiner, Europas Vision der Welt.

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