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Die Finanzierung der Ernährungssicherheit brinngt hohe Renditen

LUXEMBURG/ROM – Obwohl genug Nahrungsmittel produziert werden, um die Weltbevölkerung zu ernähren, bedrohen Hunger und Unterernährung aufgrund von Konflikten, Armut, Konjunkturabschwächungen und Klimawandel noch immer Millionen von Menschenleben. Im Jahr 2023 waren rund 2,3 Milliarden Menschen von mäßiger oder schwerer Ernährungsunsicherheit betroffen, und mehr als 730 Millionen Menschen litten Hunger, wobei Unterernährung für fast die Hälfte aller Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren verantwortlich war.

Abgesehen von seinem hohen menschlichen Preis kostet der Hunger die Entwicklungsländer Milliarden von Dollar in Form von Produktivitätseinbußen und Konsumausfällen. Angesichts dieser enormen Kosten steht die Ernährungsunsicherheit ganz oben auf der Tagesordnung des diese Woche in Rom stattfindenden Welternährungsforums.

Wir müssen dringend die Ursachen von Hunger und Unterernährung bekämpfen, und eine der wirksamsten Möglichkeiten dazu sind Investitionen in eine effizientere, gerechtere und nachhaltigere Gestaltung unserer Agrar- und Ernährungssysteme. Das erfordert eine Verbesserung der Infrastruktur und Dienstleistungen, die den Bauern den Zugang zu den Märkten erleichtern, die Mobilisierung von Investitionen zum Ausbau von Lager- und Hafenanlagen, Bewässerungssystemen und anderen Produktivitätsquellen sowie die Ausweitung des Einsatzes klimabewusster Produktionstechniken. Jede dieser Maßnahmen hätte enorme Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit, sowohl jetzt als auch in Zukunft.

Jede Komponente dieser Agenda erfordert jedoch zusätzliche Finanzmittel. Laut dem regelmäßig von den fünf führenden in diesem Bereich tätigen UN-Organisationen erstellten Bericht The State of Food Security and Nutrition in the World werden zur Beendigung des Hungers und der Unterernährung Billionen von Dollar benötigt. Angesichts der komplexen Zusammenhänge zwischen Hunger, Armut und Entwicklung fordert der jüngste Bericht einen effizienteren Einsatz innovativer Finanzierungsinstrumente wie grüner oder sozialer Anleihen sowie eine Reform der Finanzierung der Ernährungssicherheit im Allgemeinen. Wir müssen mehr tun, um sicherzustellen, dass marginalisierte Gruppen – wie Frauen, indigene Völker, Kleinbauern und Agrarunternehmen – Zugang zu Finanzmitteln haben.

Die Europäische Investitionsbank (die Bank der Europäischen Union) verfügt über umfassende Erfahrung bei der Finanzierung von Investitionen in der gesamten Wertschöpfungskette der Landwirtschaft und Bioökonomie. Sie vergibt jährlich weltweit Kredite im Volumen von rund 5 Milliarden Euro an den Sektor.

Zum Beispiel hat die EIB kürzlich in Tunesien in die Infrastruktur investiert, um die Lagerung von Nahrungsmitteln zu verbessern und das Risiko durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine ausgelöster Getreideengpässe zu mindern. Sie arbeitet mit lokalen Banken zusammen, um in Ländern wie Uganda Kleinbauern zu unterstützen und Mikrofinanzierungen bereitzustellen. Sie hat in Malawi und Sambia Fazilitäten zur Risikostreuung eingerichtet und Finanzinstituten, die Kredite an Unternehmen vergeben, die Rohstoffe von Kleinbauern beziehen, Bürgschaften gewährt. Und sie unterstützt ein soziales Unternehmen in Madagaskar, das zur Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes beitragen und zugleich ein angemessenes Einkommen für die Landwirte sicherstellen wird.

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Das Problem ist, dass die Länder, in denen die Ernährungsunsicherheit besonders groß ist, oft nur besonders schwer an Finanzmittel herankommen. Zu den größten Hindernissen gehören hohe Transaktionskosten, fragmentierte Agrarmärkte, unsichere Landrechte, schlechte Verwaltungskapazitäten, schwache Regierungsführung und politische Instabilität.

Einer der Schlüssel zur Überwindung dieser Hürden ist der Aufbau stärkerer internationaler Partnerschaften. Die EIB, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und andere internationale Organisationen arbeiten daher eng zusammen, um Ernährungssicherheit, ökologische Nachhaltigkeit und Klimaresilienz zu fördern. Durch die Bündelung von Ressourcen und Erfahrungen, insbesondere in Afrika südlich der Sahara, können wir die chronischen Finanzierungsprobleme überwinden.

So können wir beispielsweise zusätzliche Mittel für Aktivitäten im Bereich der landwirtschaftlichen Nahrungsmittelerzeugung und der Bioökonomie bereitstellen, indem wir auf das Fachwissen und die Initiativkraft der FAO zurückgreifen. Allein im Jahr 2023 hat das FAO-Investitionszentrum, indem es mit Unterstützung von Finanzierungspartnern in 26 Ländern 38 öffentliche Investitionsprojekte konzipiert hat, zur Mobilisierung neuer Investitionen im Umfang von 6,6 Milliarden Dollar beigetragen. Hinzu kommt die Unterstützung bei der Umsetzung laufender Projekte im Gesamtvolumen von rund 46,7 Milliarden Dollar.

Die Ausweitung derartiger Finanzierungen erfordert jedoch die richtigen Instrumente. Hierzu gehören nicht zuletzt Finanzprodukte, die das Risiko für den privaten Sektor verringern. So können etwa Mischfinanzierungen – die öffentliche und private Mittel kombinieren – und innovative Finanzierungsmechanismen wie Klimaanleihen diese Investitionen für bisher noch abwartendes Kapital attraktiver machen.

Die Ernährung der Welt ist nicht nur eine moralische Verantwortung, sondern eine strategische Notwendigkeit. Der Hunger stellt eine unmittelbare globale Krise dar, die massive Investitionen erfordert. Glücklicherweise ist der potenzielle Nutzen es wert. Systeme zur nachhaltigen Erzeugung landwirtschaftlicher Nahrungsmittel können weit mehr als Armut und Hunger bekämpfen. Sie schaffen Arbeitsplätze, steigern das Wirtschaftswachstum, verringern die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, verbessern die Gesundheit und stärken die Gemeinschaften. Die Rendite ist enorm, und noch höher sind die Kosten des Nichtstuns.

Aus den Englischen von Jan Doolan

https://prosyn.org/4N5YrbEde