subramanian30_DIBYANGSHU SARKARAFP via Getty Images_india ukraine conflict DIBYANGSHU SARKAR/AFP via Getty Images

Indiens Größenillusion

PROVIDENCE: Der russische Einmarsch in der Ukraine stellt die liberale internationale Ordnung auf den Kopf und zwingt Indien, seine Sicherheits- und Wirtschaftsstrategien auf den Prüfstand zu stellen. Die Entscheidungen der Regierung werden durch ihre Einschätzung der militärischen und wirtschaftlichen Stärken des Landes mitbestimmt werden, doch sollte sie der Versuchung widerstehen, diese mit Indiens Größe gleichzusetzen.

Zwar ist die indische Wirtschaft unbestreitbar groß. Laut dem Internationalen Währungsfonds ist Indien nach Kaufkraftparität mit einem BIP von zehn Billionen Dollar hinter China (27 Billionen Dollar) und den USA (23 Billionen Dollar) die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Nach Marktwechselkursen macht sein BIP von drei Billionen Dollar es zur sechstgrößten Volkswirtschaft hinter den USA, China, Japan, Deutschland und dem Vereinigten Königreich.

Doch schlägt sich Indiens wirtschaftliche Größe bisher nicht in entsprechender militärischer Stärke nieder. Ein Teil des Problems ist simple Geografie. Bismarck soll einmal geäußert haben, die USA würden auf zwei Seiten an schwache Nachbarn grenzen und auf zwei Seiten an Fische. Indien jedoch ist nicht im Genuss einer derart schicksalsbegünstigen geografischen Lage. Seit seiner Unabhängigkeit ist es an seiner westlichen Grenze mit Pakistan konfrontiert, einem schwer bewaffneten, chronisch feindseligen und häufig vom Militär regierten Nachbarn.

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