WASHINGTON, DC/ROM/JOHANNESBURG/BOSTON – Wirtschaftliche Entwicklung erfordert erschwingliche und leicht zugängliche Finanzierungen, deren Laufzeiten auf die entwicklungspolitischen Ergebnisse abgestimmt sind. Für die meisten Entwicklungsländer trifft jedoch keines dieser Kriterien zu. Stattdessen bahnt sich in weiten Teilen der Entwicklungsländer eine eskalierende „Schuldenkatastrophe“ an, die durch eine Reihe von sich überschlagenden globalen Krisen noch verschärft wird.
Die Dringlichkeit der aktuellen Krise kann nicht deutlich genug hervorgehoben werden. Mehr als die Hälfte der 68 Länder, die für Unterstützung durch den Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum (PRGT) des Internationalen Währungsfonds in Frage kommen, sind derzeit von Überschuldung betroffen – mehr als doppelt so viele wie 2015.
Doch selbst diese Zahl gibt das Ausmaß des Problems nicht wieder, da auch viele Länder außerhalb des PRGT-Rahmens mit erdrückenden Schuldenlasten und Liquiditätsproblemen zu kämpfen haben. Zwischen 2017 und 2023 stiegen die durchschnittlichen Schuldendienstkosten der Entwicklungsländer um fast 12 Prozent jährlich – mehr als das Doppelte der Wachstumsrate ihrer Exporte und Erlöse aus Auslandsüberweisungen. Infolgedessen verschlechterte sich in diesem Zeitraum die Tragfähigkeit der Auslandsverschuldung in zwei Dritteln der Entwicklungsländer, darunter in 37 von 45 afrikanischen Ländern, für die Daten verfügbar sind.
Trotz ihrer untragbaren Schuldenlast zögern viele Länder aufgrund ineffizienter Mechanismen zur Schuldenbereinigung und unerschwinglich hoher politischer und wirtschaftlicher Kosten, einen Zahlungsausfall zu erklären. Infolgedessen räumen verschuldete Länder ihren Verpflichtungen gegenüber Gläubigern höhere Priorität ein als ihrer eigenen Entwicklung, da steigende Schuldendienstzahlungen wichtige Investitionen in Infrastruktur und Humankapital verdrängen, das Wachstum hemmen und Klimaschutzmaßnahmen verzögern. Heute leben 3,3 Milliarden Menschen in Ländern, die mehr für den Schuldendienst als für Gesundheit und Bildung ausgeben, die überwiegende Mehrheit davon in Volkswirtschaften mit mittlerem Einkommen.
Wird nichts dagegen unternommen, könnten sich die derzeitigen Liquiditätsengpässe schnell zu einer ausgewachsenen Solvenzkrise entwickeln. Daher sind dringende Interventionen erforderlich, um eine Welle von Zahlungsausfällen abzuwenden und verschuldete Länder auf den Weg in Richtung wirtschaftliche Unabhängigkeit zu bringen.
Als Reaktion auf die eskalierende Schuldenkrise im globalen Süden richtete der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, im Dezember 2024 die Expertengruppe für Staatsverschuldung ein. Ihre Mitglieder haben die Aufgabe, politische Lösungen zu finden und voranzutreiben, um Entwicklungsländern – insbesondere afrikanischen Ländern und kleinen Inselstaaten – dabei zu helfen, sich aus dem Teufelskreis der Überschuldung zu befreien.
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Obwohl sich bereits frühere UN-Arbeitsgruppen mit Fragen der Staatsverschuldung befasst haben, hebt sich diese Initiative durch mehrere Faktoren von anderen ab. Zunächst ist da der Zeitpunkt: Aufeinanderfolgende wirtschaftliche Schocks haben Entwicklungsländer dazu gezwungen, Kredite aufzunehmen, in der Regel zu hohen Zinssätzen, wodurch ihr finanzieller Spielraum stark eingeschränkt wurde. Da nur noch fünf Jahre bis zum Jahr 2030 bleiben, in dem die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) erreicht werden sollen, sind die Entwicklungsländer – behindert durch eine anhaltende jährliche Finanzierungslücke von 4 Billionen US-Dollar – auf dem besten Weg, weniger als ein Fünftel der SDG-Ziele zu erreichen.
Zweitens: Während sich frühere Initiativen auf die Möglichkeiten der Entwicklungsländer zur Rückzahlung und Bedienung ihrer Schulden konzentrierten, will die Expertengruppe sicherstellen, dass alle vorgeschlagenen Lösungen die nachhaltige Entwicklung unterstützen.
Drittens möchte die Expertengruppe Lösungen ermitteln und fördern, die auf globaler, regionaler und nationaler Ebene politische und öffentliche Unterstützung finden können. Mutige und ehrgeizige Maßnahmen sind zwar unerlässlich, um die aktuelle Schulden- und Entwicklungskrise zu bewältigen, aber wir können es uns nicht leisten, Vorschläge zu verfolgen, die kaum eine Chance haben, die erforderliche Unterstützung für einen sinnvollen Wandel zu erhalten.
Vor diesem Hintergrund strebt die Expertengruppe die Erarbeitung umfassender Strategien an. Wenn Lösungen nur für neue Schulden gelten oder das Wirtschaftswachstum nicht fördern, könnte die Stabilisierung der Schuldendynamik Jahre dauern. Auch Kompromisse müssen sorgfältig abgewogen werden. Sich in höherem Maße auf Garantien zu verlassen, könnte beispielsweise mehr privates Kapital mobilisieren, aber den Zugang zu konzessionären Finanzierungen und Zuschüssen für Staaten einschränken.
Schließlich ist die Expertengruppe aufgrund ihrer Zusammensetzung und Reichweite in einer einzigartigen Position, die genannten Probleme in Angriff zu nehmen. Mit Unterstützung der UN-Organisation für Handel und Entwicklung (UNCTAD) und anderer internationaler Gremien bringt die Gruppe ehemalige und amtierende Amtsträger, politisch Verantwortliche und führende Köpfe aus der Wissenschaft zusammen und vereint so technisches Fachwissen mit hochrangigem Einfluss.
Die engen Beziehungen der Expertengruppe zu maßgeblichen Institutionen und Netzwerken – darunter internationale Finanzinstitutionen, die G20, Jubilee 2025 sowie verschiedene regionale und nationale Organisationen und Behörden – schaffen wertvolle Möglichkeiten, um Entscheidungsträger, Wissenschaftler, Vertreter der Zivilgesellschaft und andere Interessengruppen einzubinden. Durch die Förderung der Koordination zwischen den UN-Mitgliedstaaten kann die Gruppe dazu beitragen, politischen Willen zu mobilisieren und neue Vorschläge zu optimieren.
Insbesondere drei bevorstehende Treffen – die Vierte Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung im Juli in Spanien, der G20-Gipfel in Südafrika und die UN-Klimakonferenz (COP30) im November in Brasilien – könnten als wichtige Plattformen zur Förderung realistischer und praktischer politischer Lösungen dienen.
Natürlich wird keine einzelne Reform die Schuldenkrise der Entwicklungsländer über Nacht lösen. Aber die Krise führt die Grenzen konventioneller Ansätze vor Augen und unterstreicht die dringende Notwendigkeit, Struktur und Zweck von Staatsschulden zu überdenken, damit Länder nicht mehr gezwungen sind, zwischen der Rückzahlung ihrer Gläubiger und der Sicherung ihrer Zukunft zu wählen.
Angesichts der Herausforderungen muss jede Lösung sowohl rasch umgesetzt werden als auch eine breite Koalition von Interessengruppen vereinen. Schnelligkeit darf jedoch nicht auf Kosten langfristiger Fortschritte gehen. Um den Teufelskreis der Überschuldung zu durchbrechen, brauchen wir Lösungen, die über kurzfristige Maßnahmen hinausgehen und als Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung dienen.
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In pursuing a new loan from the International Monetary Fund, Argentinian President Javier Milei's government has made no secret of its self-interested political motivations. If the world's lender of last resort falls for the ploy, it could suffer a loss of credibility from which it might not recover.
worries that the Fund will damage its credibility by issuing another politically motivated loan to Argentina.
With a variety of larger forces driving profound changes, the outlook for the global economy was cloudy even before Donald Trump's return to the White House added to the uncertainty. But one thing is clear: the previous era of global interdependence based on efficiency and mutually beneficial arrangements is over.
considers the US administration's policy shake-up against the backdrop of larger global trends.
WASHINGTON, DC/ROM/JOHANNESBURG/BOSTON – Wirtschaftliche Entwicklung erfordert erschwingliche und leicht zugängliche Finanzierungen, deren Laufzeiten auf die entwicklungspolitischen Ergebnisse abgestimmt sind. Für die meisten Entwicklungsländer trifft jedoch keines dieser Kriterien zu. Stattdessen bahnt sich in weiten Teilen der Entwicklungsländer eine eskalierende „Schuldenkatastrophe“ an, die durch eine Reihe von sich überschlagenden globalen Krisen noch verschärft wird.
Die Dringlichkeit der aktuellen Krise kann nicht deutlich genug hervorgehoben werden. Mehr als die Hälfte der 68 Länder, die für Unterstützung durch den Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum (PRGT) des Internationalen Währungsfonds in Frage kommen, sind derzeit von Überschuldung betroffen – mehr als doppelt so viele wie 2015.
Doch selbst diese Zahl gibt das Ausmaß des Problems nicht wieder, da auch viele Länder außerhalb des PRGT-Rahmens mit erdrückenden Schuldenlasten und Liquiditätsproblemen zu kämpfen haben. Zwischen 2017 und 2023 stiegen die durchschnittlichen Schuldendienstkosten der Entwicklungsländer um fast 12 Prozent jährlich – mehr als das Doppelte der Wachstumsrate ihrer Exporte und Erlöse aus Auslandsüberweisungen. Infolgedessen verschlechterte sich in diesem Zeitraum die Tragfähigkeit der Auslandsverschuldung in zwei Dritteln der Entwicklungsländer, darunter in 37 von 45 afrikanischen Ländern, für die Daten verfügbar sind.
Trotz ihrer untragbaren Schuldenlast zögern viele Länder aufgrund ineffizienter Mechanismen zur Schuldenbereinigung und unerschwinglich hoher politischer und wirtschaftlicher Kosten, einen Zahlungsausfall zu erklären. Infolgedessen räumen verschuldete Länder ihren Verpflichtungen gegenüber Gläubigern höhere Priorität ein als ihrer eigenen Entwicklung, da steigende Schuldendienstzahlungen wichtige Investitionen in Infrastruktur und Humankapital verdrängen, das Wachstum hemmen und Klimaschutzmaßnahmen verzögern. Heute leben 3,3 Milliarden Menschen in Ländern, die mehr für den Schuldendienst als für Gesundheit und Bildung ausgeben, die überwiegende Mehrheit davon in Volkswirtschaften mit mittlerem Einkommen.
Wird nichts dagegen unternommen, könnten sich die derzeitigen Liquiditätsengpässe schnell zu einer ausgewachsenen Solvenzkrise entwickeln. Daher sind dringende Interventionen erforderlich, um eine Welle von Zahlungsausfällen abzuwenden und verschuldete Länder auf den Weg in Richtung wirtschaftliche Unabhängigkeit zu bringen.
Als Reaktion auf die eskalierende Schuldenkrise im globalen Süden richtete der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, im Dezember 2024 die Expertengruppe für Staatsverschuldung ein. Ihre Mitglieder haben die Aufgabe, politische Lösungen zu finden und voranzutreiben, um Entwicklungsländern – insbesondere afrikanischen Ländern und kleinen Inselstaaten – dabei zu helfen, sich aus dem Teufelskreis der Überschuldung zu befreien.
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Zweitens: Während sich frühere Initiativen auf die Möglichkeiten der Entwicklungsländer zur Rückzahlung und Bedienung ihrer Schulden konzentrierten, will die Expertengruppe sicherstellen, dass alle vorgeschlagenen Lösungen die nachhaltige Entwicklung unterstützen.
Drittens möchte die Expertengruppe Lösungen ermitteln und fördern, die auf globaler, regionaler und nationaler Ebene politische und öffentliche Unterstützung finden können. Mutige und ehrgeizige Maßnahmen sind zwar unerlässlich, um die aktuelle Schulden- und Entwicklungskrise zu bewältigen, aber wir können es uns nicht leisten, Vorschläge zu verfolgen, die kaum eine Chance haben, die erforderliche Unterstützung für einen sinnvollen Wandel zu erhalten.
Vor diesem Hintergrund strebt die Expertengruppe die Erarbeitung umfassender Strategien an. Wenn Lösungen nur für neue Schulden gelten oder das Wirtschaftswachstum nicht fördern, könnte die Stabilisierung der Schuldendynamik Jahre dauern. Auch Kompromisse müssen sorgfältig abgewogen werden. Sich in höherem Maße auf Garantien zu verlassen, könnte beispielsweise mehr privates Kapital mobilisieren, aber den Zugang zu konzessionären Finanzierungen und Zuschüssen für Staaten einschränken.
Schließlich ist die Expertengruppe aufgrund ihrer Zusammensetzung und Reichweite in einer einzigartigen Position, die genannten Probleme in Angriff zu nehmen. Mit Unterstützung der UN-Organisation für Handel und Entwicklung (UNCTAD) und anderer internationaler Gremien bringt die Gruppe ehemalige und amtierende Amtsträger, politisch Verantwortliche und führende Köpfe aus der Wissenschaft zusammen und vereint so technisches Fachwissen mit hochrangigem Einfluss.
Die engen Beziehungen der Expertengruppe zu maßgeblichen Institutionen und Netzwerken – darunter internationale Finanzinstitutionen, die G20, Jubilee 2025 sowie verschiedene regionale und nationale Organisationen und Behörden – schaffen wertvolle Möglichkeiten, um Entscheidungsträger, Wissenschaftler, Vertreter der Zivilgesellschaft und andere Interessengruppen einzubinden. Durch die Förderung der Koordination zwischen den UN-Mitgliedstaaten kann die Gruppe dazu beitragen, politischen Willen zu mobilisieren und neue Vorschläge zu optimieren.
Insbesondere drei bevorstehende Treffen – die Vierte Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung im Juli in Spanien, der G20-Gipfel in Südafrika und die UN-Klimakonferenz (COP30) im November in Brasilien – könnten als wichtige Plattformen zur Förderung realistischer und praktischer politischer Lösungen dienen.
Natürlich wird keine einzelne Reform die Schuldenkrise der Entwicklungsländer über Nacht lösen. Aber die Krise führt die Grenzen konventioneller Ansätze vor Augen und unterstreicht die dringende Notwendigkeit, Struktur und Zweck von Staatsschulden zu überdenken, damit Länder nicht mehr gezwungen sind, zwischen der Rückzahlung ihrer Gläubiger und der Sicherung ihrer Zukunft zu wählen.
Angesichts der Herausforderungen muss jede Lösung sowohl rasch umgesetzt werden als auch eine breite Koalition von Interessengruppen vereinen. Schnelligkeit darf jedoch nicht auf Kosten langfristiger Fortschritte gehen. Um den Teufelskreis der Überschuldung zu durchbrechen, brauchen wir Lösungen, die über kurzfristige Maßnahmen hinausgehen und als Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung dienen.
Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier