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Eine ungewöhnliche politische Strategie für die Eurozone

PARIS: Die Wirtschaftslage in Europa ist besorgniserregend. Die jährliche Inflation in der Eurozone hat die Rekordhöhe von 7,4 % erreicht, doch die Banken leihen einander weiterhin Geld zu Negativzinsen. Im April lag die Preissteigerung gegenüber dem Vorjahr in Estland nur um Haaresbreite unter 20 %, während sie in Malta lediglich 5,4 % betrug. Die Staatsverschuldung als Anteil vom BIP hat beispiellose Höhen erreicht, doch die Renditen deutscher Staatsanleihen verharren deutlich unter ihrem langfristigen Durchschnitt, und die Risikoaufschläge steigen zwar, aber sind immer noch relativ niedrig. Den Kontinent übergreifend versenden führende Wirtschaftsindikatoren verwirrende Botschaften.

Regierungen und Notenbanker wurden vom plötzlichen Übergang von einem deflationären zu einem inflationären Umfeld auf dem falschen Fuß erwischt. Dieselben Entscheidungsträger, die noch im September warnten, dass von der Deflation eine mindestens ebenso große Gefahr ausgehe wie von der Inflation, behaupten nun, dass wir in eine Ära struktureller Inflation eingetreten seien.

Die Europäische Zentralbank spricht von einer „Normalisierung“, so als könne eine Wiederholung dieses Mantra ein Gefühl von Kontrolle vermitteln, die Inflationserwartungen dämpfen und die Finanzmärkte beruhigen. Doch ist derzeit kaum etwas normal.

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