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Inflationsbekämpfung durch Eindämmung des Protektionismus

NEW HAVEN – Eines der wichtigsten Ziele, die US-Präsident Joe Biden für seine Amtszeit formuliert hat, besteht in der Stärkung der amerikanischen Arbeitnehmer und der Mittelschicht des Landes. Vielfach ist man der Ansicht, dass die Globalisierung (neben zahlreichen anderen Faktoren) zu stagnierenden Reallöhnen, steigender Ungleichheit und dem Gefühl beitrug, dass Beschäftigte in Amerika gegenüber Arbeitskräften in Ländern mit niedrigeren Beschäftigungsstandards schlechter wegkommen. Doch in ihrem Versuch, diese Trends umzukehren, hat sich die Biden-Administration auf protektionistische Rhetorik und Strategien verlegt, aufgrund derer die Beschäftigten in Amerika erneut zu Verlierern werden.  

Obwohl jede Erwähnung des Begriffs „Offenheit” heutzutage Argwohn hervorruft, hat der drastische Anstieg der Inflation – der US-Verbraucherpreisindex erreichte im April einen Wert von 8,3 Prozent – in der Wirtschaftswissenschaft zu einer Diskussion geführt, ob Handelsliberalisierung (und Offenheit im Allgemeinen) zur Eindämmung des Preisanstiegs genutzt werden können. Da eines der Hauptargumente für den Freihandel darin besteht, dass er die Preise für die Verbraucher senkt, lohnt es sich, über den Zusammenhang zwischen offenen Grenzen und Inflation nachzudenken.

Eines sei klar festgehalten: kein vernünftiger Ökonom würde behaupten, dass die jüngste Inflation die Folge von Handelsbeschränkungen sei. Inzwischen ist klar, dass ihre Ursachen in einer Kombination aus pandemiebedingten Engpässen auf der Angebotsseite, einer durch die Politik geschürten Nachfrage und weiteren angebotsseitigen Störungen durch Russlands Krieg in der Ukraine bestehen. Doch nun, da die Politik darum ringt, die Inflation zu bekämpfen ohne eine Rezession auszulösen, muss sie auch erkennen, dass Anforderungen zum Kauf amerikanischer Produkte, Zölle und Einwanderungsbeschränkungen eine ohnehin schon ungünstige Situation womöglich noch weiter verschärfen. 

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