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Die Gefahren eines Zinserhöhungswettlaufs

NEW YORK – Die Welt steht vor der Gefahr, dass die großen Zentralbanken einen Wettbewerb um die stärksten Zinserhöhungen führen könnten. Dies wäre vielleicht für ihr jeweils eigenes Land erstrebenswert, könnte aber die Weltwirtschaft in eine unnötige Rezession stürzen. Dieses Szenario kann immer noch verhindert werden, aber die Zeit dafür wird knapp.

Aggressive Zinserhöhungen zum Kampf gegen die hohe Inflation im Inland wären in einer isolierten Welt vielleicht sinnvoll. So scheint das kürzliche Versprechen des US-Zentralbankvorsitzenden Jerome Powell, trotz der Rezessionsgefahren die Zinsen zu senken, vernünftig zu sein – angesichts dessen, dass die Federal Reserve die Hartnäckigkeit der Inflation im Land zu lange unterschätzt hat. Um die Inflationserwartungen auf einem niedrigen Niveau zu halten, agiert die Fed lieber zu aggressiv, als vielleicht zu wenig zu tun. Auf der anderen Seite des Atlantik haben auch die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England (BOE) versprochen, die höchste Inflation seit Jahrzehnten zu bekämpfen.

Leider führen Zinserhöhungen durch große Zentralbanken dazu, dass die Inflation in andere Länder exportiert wird und andere Zentralbanken gezwungen sind, die Zinsen stärker zu erhöhen, als sie es sonst getan hätten. Erhöht beispielsweise die Fed ihre Leitzinsen, und die BOE und EZB folgen ihr dabei nicht, werten das Pfund und der Euro gegenüber dem US-Dollar ab, was zu höheren Importpreisen führt und die bereits hohe Inflation noch verstärkt. Reagieren die BOE und die EZB mit eigenen Zinserhöhungen, exportieren damit sie einen Teil ihrer Inflation wieder zurück in die Vereinigten Staaten und andere Länder. So entsteht eine Zinsspirale, die Produktion und Arbeitsmärkte weltweit stärker gefährdet, als es diese Länder eigentlich wollen.

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