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Zählen, was wirklich zählt

MEXIKO-STADT – Trotz allgemein bekannter Probleme bei der Verwendung des Brutto-Inlandsproduktes als Kennzahl für die menschliche Entwicklung scheinen die politischen Entscheidungsträger weltweit weiterhin besessen davon zu sein. Die Regierungen sind bestrebt, das BIP-Wachstum mit allen ihnen möglichen Mitteln zu fördern – häufig ungeachtet der Folgen für den Planeten und der Verteilung des Nutzens. Der gegenwärtige Fokus auf das Quartalswachstum spiegelt eine besonders ungesunde kurzfristige Perspektive wider. Und doch verweisen der Internationale Währungsfonds und andere multilaterale Organisationen in all ihren Beurteilungen der Wirtschaftsleistung auf das BIP und machen es zum alleinigen Fokus ihrer Prognosen.

Doch ist das Konzept des BIP zutiefst fehlerhaft. Gesamt- oder Pro-Kopf-Zahlen sind offensichtlich blind für die Einkommensverteilung, und das BIP ist zunehmend weniger in der Lage, die Lebensqualität oder die Nachhaltigkeit eines bestimmten Produktions-, Distributions- oder Konsumsystems abzubilden.

Darüber hinaus lässt das BIP, weil es in den meisten Ländern nur Markttransaktionen erfasst, einen erheblichen Teil der für den persönlichen Konsum oder den Verbrauch im eigenen Haushalt produzierten Waren bzw. erbrachten Dienstleistungen unberücksichtigt. Indem es ungeachtet des gesellschaftlichen Nutzens einer Tätigkeit die Marktpreise zum entscheidenden Kriterium für die Wertschöpfung macht, bewertet das BIP Dinge, die viele inzwischen (insbesondere angesichts der COVID-19-Pandemie) als unverzichtbare Dienstleistungen im Rahmen der Pflegewirtschaft anerkennen, viel zu gering.

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