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Irlands politisches Erdbeben

LONDON – Der Erfolg von Sinn Féin bei den irischen Parlamentswahlen vom 8. Februar, bei denen die Partei den höchsten Stimmenanteil erzielte, ist aufgrund der historischen Beziehung der Partei zur IRA und deren Verbindungen zur Gewalt ein Schock. Ursache dieses Erfolgs war innenpolitische Unzufriedenheit und nicht nationalistischer Eifer. Trotzdem wird Sinn Féins Wahlsieg der Frage der Einheit Irlands – und damit der Zukunft Nordirlands als Bestandteil des Vereinigten Königreichs – einen festen Platz auf der Tagesordnung verschaffen.

Niemand ist mehr über das Ergebnis überrascht als Sinn Féin selbst. Im vergangenen Mai konnte die Partei unter ihrer neuen Vorsitzenden Mary Lou McDonald lediglich 9,5% der Stimmen bei den Kommunalwahlen und 11,7% bei den Europawahlen auf sich vereinen. Diese Ergebnisse entmutigten die Parteiführung derart, dass sie sich nicht einmal die Mühe machte, für die Parlamentswahl in diesem Monat eine vollständige Kandidatenliste aufzustellen. Nun jedoch hat sie plötzlich auf 24,5% zugelegt und liegt damit noch vor den beiden traditionellen irischen Volksparteien, Fianna Fáil und Fine Gael.

Zwar hat Sinn Féin nur 37 der 160 Sitze im Dáil (Parlament) gewonnen. Aufgrund des komplexen irischen Verhältniswahlrechts und der Tatsache, dass es pro Wahlkreis mehrere Sitze gibt, werden die meisten Sitze tendenziell gemäß der zweiten und noch niedrigeren Präferenzen der Wähler vergeben. Dies begünstigt Parteien, die insgesamt mehr Kandidaten aufstellen. Trotzdem wird Sinn Féin jetzt vom Rand ins Zentrum der irischen Politik rücken.

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