NAIROBI – Ein Arbeitsplatz bedeutet mehr als nur einen Gehaltsscheck. Er verleiht persönliche Unabhängigkeit, sozialen Status und das Selbstwertgefühl, das diese Vorteile mit sich bringen. Für Menschen mit Behinderungen sind diese Vorzüge besonders wertvoll – und besonders schwer zugänglich.
In den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) ist die Welt übereingekommen, „bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle zu fördern“. Für ein junges Land wie Kenia, in dem 21% der Bevölkerung zwischen 19-24 Jahre alt ist, sind Fortschritte besonders dringend erforderlich, damit es seinen Jugendüberschuss in eine demografische Dividende umwandeln kann. Ohne sich mit den einzigartigen – und gewaltigen – Herausforderungen für behinderte Arbeitnehmer auseinanderzusetzen, wird ein Erfolg allerdings nicht möglich sein, auch wenn dieser Aspekt in der SDG-Agenda nicht anerkannt worden ist.
In den Industrieländern sind 50-70% der Menschen im erwerbsfähigen Alter mit Behinderungen arbeitslos. Im Vereinigten Königreich zeigt eine Studie aus dem Jahr 2017, dass behinderte Arbeitssuchende 60% mehr Bewerbungen einreichen als ihre nicht behinderten Kollegen, bevor sie eine Stelle finden. Nur 51% der Bewerbungen von Menschen mit Behinderungen führen zu einem Vorstellungsgespräch, verglichen mit 69% bei nicht behinderten Menschen.
In den Entwicklungsländern ist der Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen noch schwieriger, von denen 80-90% arbeitslos sind. In Indien zum Beispiel haben nur etwa 100.000 von rund 70 Millionen Menschen mit Behinderung ein reguläres Beschäftigungsverhältnis im privaten Sektor.
Dies ist zum Teil auf Diskriminierung durch Arbeitgeber zurückzuführen, die annehmen könnten, dass behinderte Arbeitnehmer weniger produktiv seien oder ihre nicht behinderten Kollegen die Zusammenarbeit mit ihnen als lästig oder störend empfinden würden. Arbeitgeber könnten auch vermuten, dass behinderte Arbeitnehmer mehr kosten. In Kenia, wo Unternehmen gesetzlich verpflichtet sind, die Bedürfnisse von Angestellten mit Behinderungen zu berücksichtigen ist dies sicherlich der Fall.
Schon lange bevor behinderte Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt eintreten, haben sie mit Barrieren zu kämpfen, die einer Beschäftigung im Wege stehen. Einem Bericht der britischen Organisation für Freiwilligenarbeit Voluntary Services Overseas zufolge, haben Menschen mit Behinderungen oft Probleme, ihre Ausbildung abzuschließen, was auf Faktoren wie unzugängliche Bibliotheken und einen Mangel an Lehrern zurückzuführen ist, die für die Arbeit mit Behinderten ausgebildet sind. In Kenia kommt auf 105 Kinder mit emotionalen Behinderungen nur ein Lehrer, verglichen mit einem Lehrer auf 35 nicht behinderte Schüler, was bedeutet, dass Erstere wahrscheinlich deutlich weniger persönliche Aufmerksamkeit und damit eine geringere Bildungsqualität erhalten.
At a time of escalating global turmoil, there is an urgent need for incisive, informed analysis of the issues and questions driving the news – just what PS has always provided.
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Hinzukommt, dass selbst behinderte Menschen, die das fachliche Können erlangen, das sie für eine Stelle qualifiziert, möglicherweise keine anderen Schlüsselqualifikationen erlernen, wie etwa effektive Kommunikation. Stellen Sie sich vor, dass eine 19-jährige Kenianerin mit einer Entwicklungsstörung im Autismus-Spektrum, die an einer schweren Angststörung leidet, eine Beschäftigung sucht. Trotz ihrer beeindruckenden Programmierfähigkeiten und Tippgeschwindigkeit untergräbt ihre Unfähigkeit, sich in einem Vorstellungsgespräch zu verkaufen, ihre Chancen auf eine Einstellung.
Die Verbesserung der Beschäftigungsaussichten von Menschen mit Behinderungen erfordert daher nicht nur eine qualitativ hochwertige, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Bildung, sondern auch die Einführung anderer gezielter Initiativen, wie beispielsweise Job-Coaching. Job-Coaches würden direkt mit behinderten Menschen zusammenarbeiten, um ein Gefühl für ihre Fähigkeiten, Interessen und Potenziale zu entwickeln, und Partnerschaften mit Arbeitgebern aufbauen, denen sie vielversprechende Kandidaten empfehlen könnten. Auf diese Weise könnten behinderte Menschen ein Vorstellungsverfahren umgehen, bei dem es ihnen schwer fallen würde sich gut zu präsentieren, und die Arbeitgeber wären sicherer, dass ein behinderter Kandidat keine übermäßig riskante oder kostspielige Wahl wäre.
Job-Coaches könnten auch helfen, die Bedingungen für den Vertrag eines neuen Arbeitnehmers durch sogenanntes „customized employment“ (Arbeitsplätze werden an die Fähigkeiten der Menschen mit Behinderungen angepasst) auszuhandeln. Dabei wird das Arbeitsverhältnis individualisiert, um sicherzustellen, dass es sowohl den Bedürfnissen des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers entspricht. So könnte die 19-jährige autistische Frau die besten Leistungen möglicherweise von zu Hause aus erbringen. Da ihre Aufgaben weitgehend online zu erledigen sind, wäre dies durchaus machbar, auch wenn das Unternehmen entsprechende Vorkehrungen treffen müsste, wie etwa die Möglichkeit, ihren Laptop mit nach Hause zu nehmen und sicherzustellen, dass sie dort über eine Internetverbindung verfügt.
Eine solche Vereinbarung würde nicht nur die Arbeitszufriedenheit und Produktivität der Angestellten steigern, sondern könnte dem Unternehmen Geld sparen, da es den Arbeitsplatz dann nicht an ihre Bedürfnisse anpassen müsste. Maßgeschneiderte Beschäftigung kann auch dazu beitragen, Reibungen zwischen Arbeitnehmern mit Behinderungen und ihren Kollegen zu vermeiden.
Damit Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich sein können, bedarf es der Zusammenarbeit zwischen mehreren Akteuren, von privaten Unternehmen über Schulen bis hin zu politischen Entscheidungsträgern. Es gibt vielversprechende Lösungen. Aber wenn sie rechtzeitig wirksam werden sollen, um Ziel 8 für nachhaltige Entwicklung zu erreichen – und Kenia dabei zu helfen, seinen Jugendüberschuss zu nutzen –, ist es jetzt an der Zeit damit anzufangen.
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By choosing to side with the aggressor in the Ukraine war, President Donald Trump’s administration has effectively driven the final nail into the coffin of US global leadership. Unless Europe fills the void – first and foremost by supporting Ukraine – it faces the prospect of more chaos and conflict in the years to come.
For most of human history, economic scarcity was a constant – the condition that had to be escaped, mitigated, or rationalized. Why, then, is scarcity's opposite regarded as a problem?
asks why the absence of economic scarcity is viewed as a problem rather than a cause for celebration.
NAIROBI – Ein Arbeitsplatz bedeutet mehr als nur einen Gehaltsscheck. Er verleiht persönliche Unabhängigkeit, sozialen Status und das Selbstwertgefühl, das diese Vorteile mit sich bringen. Für Menschen mit Behinderungen sind diese Vorzüge besonders wertvoll – und besonders schwer zugänglich.
In den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) ist die Welt übereingekommen, „bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle zu fördern“. Für ein junges Land wie Kenia, in dem 21% der Bevölkerung zwischen 19-24 Jahre alt ist, sind Fortschritte besonders dringend erforderlich, damit es seinen Jugendüberschuss in eine demografische Dividende umwandeln kann. Ohne sich mit den einzigartigen – und gewaltigen – Herausforderungen für behinderte Arbeitnehmer auseinanderzusetzen, wird ein Erfolg allerdings nicht möglich sein, auch wenn dieser Aspekt in der SDG-Agenda nicht anerkannt worden ist.
In den Industrieländern sind 50-70% der Menschen im erwerbsfähigen Alter mit Behinderungen arbeitslos. Im Vereinigten Königreich zeigt eine Studie aus dem Jahr 2017, dass behinderte Arbeitssuchende 60% mehr Bewerbungen einreichen als ihre nicht behinderten Kollegen, bevor sie eine Stelle finden. Nur 51% der Bewerbungen von Menschen mit Behinderungen führen zu einem Vorstellungsgespräch, verglichen mit 69% bei nicht behinderten Menschen.
In den Entwicklungsländern ist der Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen noch schwieriger, von denen 80-90% arbeitslos sind. In Indien zum Beispiel haben nur etwa 100.000 von rund 70 Millionen Menschen mit Behinderung ein reguläres Beschäftigungsverhältnis im privaten Sektor.
Dies ist zum Teil auf Diskriminierung durch Arbeitgeber zurückzuführen, die annehmen könnten, dass behinderte Arbeitnehmer weniger produktiv seien oder ihre nicht behinderten Kollegen die Zusammenarbeit mit ihnen als lästig oder störend empfinden würden. Arbeitgeber könnten auch vermuten, dass behinderte Arbeitnehmer mehr kosten. In Kenia, wo Unternehmen gesetzlich verpflichtet sind, die Bedürfnisse von Angestellten mit Behinderungen zu berücksichtigen ist dies sicherlich der Fall.
Schon lange bevor behinderte Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt eintreten, haben sie mit Barrieren zu kämpfen, die einer Beschäftigung im Wege stehen. Einem Bericht der britischen Organisation für Freiwilligenarbeit Voluntary Services Overseas zufolge, haben Menschen mit Behinderungen oft Probleme, ihre Ausbildung abzuschließen, was auf Faktoren wie unzugängliche Bibliotheken und einen Mangel an Lehrern zurückzuführen ist, die für die Arbeit mit Behinderten ausgebildet sind. In Kenia kommt auf 105 Kinder mit emotionalen Behinderungen nur ein Lehrer, verglichen mit einem Lehrer auf 35 nicht behinderte Schüler, was bedeutet, dass Erstere wahrscheinlich deutlich weniger persönliche Aufmerksamkeit und damit eine geringere Bildungsqualität erhalten.
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Hinzukommt, dass selbst behinderte Menschen, die das fachliche Können erlangen, das sie für eine Stelle qualifiziert, möglicherweise keine anderen Schlüsselqualifikationen erlernen, wie etwa effektive Kommunikation. Stellen Sie sich vor, dass eine 19-jährige Kenianerin mit einer Entwicklungsstörung im Autismus-Spektrum, die an einer schweren Angststörung leidet, eine Beschäftigung sucht. Trotz ihrer beeindruckenden Programmierfähigkeiten und Tippgeschwindigkeit untergräbt ihre Unfähigkeit, sich in einem Vorstellungsgespräch zu verkaufen, ihre Chancen auf eine Einstellung.
Die Verbesserung der Beschäftigungsaussichten von Menschen mit Behinderungen erfordert daher nicht nur eine qualitativ hochwertige, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Bildung, sondern auch die Einführung anderer gezielter Initiativen, wie beispielsweise Job-Coaching. Job-Coaches würden direkt mit behinderten Menschen zusammenarbeiten, um ein Gefühl für ihre Fähigkeiten, Interessen und Potenziale zu entwickeln, und Partnerschaften mit Arbeitgebern aufbauen, denen sie vielversprechende Kandidaten empfehlen könnten. Auf diese Weise könnten behinderte Menschen ein Vorstellungsverfahren umgehen, bei dem es ihnen schwer fallen würde sich gut zu präsentieren, und die Arbeitgeber wären sicherer, dass ein behinderter Kandidat keine übermäßig riskante oder kostspielige Wahl wäre.
Job-Coaches könnten auch helfen, die Bedingungen für den Vertrag eines neuen Arbeitnehmers durch sogenanntes „customized employment“ (Arbeitsplätze werden an die Fähigkeiten der Menschen mit Behinderungen angepasst) auszuhandeln. Dabei wird das Arbeitsverhältnis individualisiert, um sicherzustellen, dass es sowohl den Bedürfnissen des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers entspricht. So könnte die 19-jährige autistische Frau die besten Leistungen möglicherweise von zu Hause aus erbringen. Da ihre Aufgaben weitgehend online zu erledigen sind, wäre dies durchaus machbar, auch wenn das Unternehmen entsprechende Vorkehrungen treffen müsste, wie etwa die Möglichkeit, ihren Laptop mit nach Hause zu nehmen und sicherzustellen, dass sie dort über eine Internetverbindung verfügt.
Eine solche Vereinbarung würde nicht nur die Arbeitszufriedenheit und Produktivität der Angestellten steigern, sondern könnte dem Unternehmen Geld sparen, da es den Arbeitsplatz dann nicht an ihre Bedürfnisse anpassen müsste. Maßgeschneiderte Beschäftigung kann auch dazu beitragen, Reibungen zwischen Arbeitnehmern mit Behinderungen und ihren Kollegen zu vermeiden.
Damit Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich sein können, bedarf es der Zusammenarbeit zwischen mehreren Akteuren, von privaten Unternehmen über Schulen bis hin zu politischen Entscheidungsträgern. Es gibt vielversprechende Lösungen. Aber wenn sie rechtzeitig wirksam werden sollen, um Ziel 8 für nachhaltige Entwicklung zu erreichen – und Kenia dabei zu helfen, seinen Jugendüberschuss zu nutzen –, ist es jetzt an der Zeit damit anzufangen.
Aus dem Englischen von Sandra Pontow.