lehman brothers entrance financial crisis Chris Hondros/Getty Images

Was das Scheitern von Lehman Brothers heute bedeutet

PRINCETON – Die Welt hat in diesem Jahr bereits des 50. Jahrestags des Prager Frühlings (und seiner Unterdrückung), des 100. Jahrestags des Ende des Ersten Weltkriegs und des 200. Geburtstags von Karl Marx gedacht. Sollte man sich vor diesem Hintergrund wirklich Gedanken über den zehnten Jahrestag des Zusammenbruchs von Lehman Brothers machen?

Die Antwort lautet ja. Lehman Brothers war möglicherweise keine besonders große Bank und vermutlich bei seinem Zusammenbruch noch nicht einmal insolvent. Trotzdem brachte es beinahe das globale Finanzsystem zum Einsturz und löste die Große Rezession aus. Das Scheitern von Lehman Brothers war ein transformativer Moment, denn es veränderte die Wahrnehmung der Menschen über die Welt um sie herum grundlegend.

Nach dem 15. September 2008 bewirkte die Angst vor „einem weiteren Fall Lehman Brothers“ und einer tiefer gehenden Finanzkatastrophe, dass die USA einen Kurs hin zu weitreichenden Reformen einschlugen. Auch wurde Lehman Brothers während der europäischen Finanzkrise, die nach 2010 ausbrach, immer wieder beschworen, was die Ängste vor einer durch Staatskonkurse und Zahlungsausfälle bedingten „Todesspirale“ deutlich machte. Inzwischen scheint die Schauergeschichte ihre Wirksamkeit eingebüßt zu haben. In den USA werden inzwischen Bankenreformen rückgängig gemacht, und in der Europäischen Union liegen die staatlichen Schuldenquoten heute deutlich höher als 2008.

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