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Eine Lösung der Allmende-Problematik

NEW YORK: Das Wort der Woche lautet unglücklicherweise „Omikron“. Und da jetzt also eine weitere neue COVID-19-Variante die Schlagzeilen beherrscht, nimmt die Aufmerksamkeit für Klimafragen, die im Gefolge des Weltklimagipfels vom vergangenen Monat im globalen Rampenlicht standen, rasch ab. Die Menschheit neigt nun einmal dazu, sich auf die jeweils unmittelbarste Bedrohung zu konzentrieren.

Trotzdem könnte uns unsere Reaktion auf die Pandemie einen Wegweiser für die Bekämpfung des Klimawandels liefern. Bei beiden Krisen geht es um eine klassische Allmende-Problematik, bei der Einzelne das gesellschaftliche Wohl im Interesse ihres persönlichen Profits missachten. Doch hat die weltweite Reaktion auf COVID-19 gezeigt, dass sich einige unerwartete Akteure zusammentun könnten, um die Entwicklung, Erprobung und Verteilung erfolgreicher Impfstoffe (zumindest in der reichen Welt) zu beschleunigen, obwohl sie sich damit ihre persönlichen Interessen bedrohenden Risiken aussetzen. Die Klimakrise verlangt nach einem ähnlichen Ansatz. Der Kapitaleinsatz zur Abmilderung der globalen Erwärmung erfordert ein Zusammenwirken ungewöhnlicher Bettgefährten aus Finanzwirtschaft, Technologie, dem Aktivismus zugunsten sozialer Gerechtigkeit und darüber hinaus.

Kapital ist, neben der Regierung und der Religion, einer der drei wichtigen Faktoren in der Geschichte, die Veränderungen antreiben. Es hat die Macht, den Kurs kompletter Zivilisationen zu ändern. Viele Jahrzehnte lang folgten Kapitalflüsse einer simplen Regel, die der Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman aufgestellt hatte: Das Einzige, was zählt, sind die Renditen der Aktionäre. Doch die fortdauernde Brauchbarkeit dieser Maxime wird nun durch beispiellose Feuersbrünste, immer häufigere und schwerere Überflutungen, zunehmend sichtbare soziale Ungerechtigkeit und andere Besorgnis erregende Probleme in Frage gestellt.

Es gibt inzwischen wachsende Unterstützung für die Idee, dass Kapital für mehr genutzt werden sollte als nur für finanzielle Erträge, was sich u. a. in dem explosionsartig steigenden Interesse an ESG- (Umwelt-, Sozial- und Leitungs-) Standards für Kapitalgesellschaften zeigt.

Es ist eine gute Nachricht, dass die Anleger beginnen, mehr Offenheit darüber zu verlangen, wie Unternehmen ihre ESG-Dynamik steuern, und dass Führungskräfte und Vorstände anfangen, entsprechende Daten zu erheben, um den Anlegern darüber Bericht zu erstatten. Man kann nichts verändern, was man nicht misst.

Doch konzentriert sich die ESG-Bewegung bisher hauptsächlich auf börsennotierte Unternehmen. Das ist verständlich, weil hier einzelne Aktionäre das Verhalten des Unternehmens beeinflussen können. Der Hedgefonds Engine No. 1 hat dies kürzlich mit seiner erfolgreichen Kampagne zur Besetzung des ExxonMobil-Vorstands mit Dekarbonisierungsbefürwortern unter Beweis gestellt. Das Problem ist, dass es derzeit auf der Welt weniger als 50.000 börsennotierte Unternehmen, aber mehr als 200 Millionen nicht börsennotierte Unternehmen gibt. Um den Faktor Kapital wirksam zu nutzen, müssen derartige Unternehmen mit einbezogen werden.

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Nicht börsennotierte Unternehmen repräsentieren nicht nur den deutlich größten Teil der Beschäftigung und einen Großteil des globalen BIP, sondern börsennotierte Unternehmen sind zudem, was zentrale Vorleistungen angeht, stark auf sie angewiesen. Die meisten der von Fortune-500-Konzernen getätigten Versprechungen der Klimaneutralität bedeuten wenig, solange nicht größere Klarheit darüber herrscht, was in ihren Lieferketten passiert.

Gegenwärtig gibt es kaum Informationen über die ESG-Kennzahlen nicht börsennotierter Unternehmen. Und ein großer Teil der vorliegenden Daten ist von schlechter Qualität und wurde von Drittparteien unter Einsatz von Algorithmen berechnet, deren Schlussfolgerungen kaum mehr als geraten sind. Was bisher fehlt ist ein Konsortium-Modell, in dem ungewöhnliche Bettgenossen zusammenkommen, um ein Problem zu lösen, dass von einer einzelnen Gruppe (egal welcher) nicht gelöst werden kann.

Zum Glück sind inzwischen vielversprechende Bemühungen zur Lösung dieses Problems im Gange. So arbeitet etwa das ESG Data Convergence Project, ein Zusammenschluss von Private-Equity-Managern und als Kommanditisten agierenden Anlegern unter Führung der Carlyle Group und des California Public Employees’ Retirement System, daran, eine Reihe von ESG-Kennzahlen für Private-Equity-Manager zu standardisieren. In ähnlicher Weise hat die Institutional Limited Partners Association eine ESG-Roadmap zusammengestellt, um bewährte Verfahren für private Kapitalgeber zu ermitteln, die daran interessiert sind, die ESG-Bemühungen ihrer jeweiligen Unternehmen voranzubringen.

Und schließlich haben wir bei Novata ein höchst ungewöhnliches Konsortium von Akteuren organisiert, die Interessen vertreten, die vermutlich noch nie zuvor zusammengearbeitet haben. Seine Mitglieder umfassen die Ford Foundation, das Omidyar Network, S&P Global, Hamilton Lane und ein breites Spektrum an Private-Equity-Firmen und Rentenfondsanlegern in den USA und Europa. Es repräsentiert einige der führenden Stiftungen der Welt, die sich für soziale Gerechtigkeit und einen inklusiven Kapitalismus engagieren, wichtige Akteure aus dem Bereich Finanzdaten und -analysen, die größte Mittlerorganisation auf den privaten Märkten, eine Gruppe unterschiedlichster Private-Equity-Firmen mit langjährigem Engagement für ESG-Standards und eine Reihe führender Rentenfonds, die in private Kapitalbeteiligungen investieren. Als gemeinnützige Körperschaft wird Novata einen „ESG-Zubringer“ für nicht börsennotierte Unternehmen aus aller Welt zur Verfügung stellen, um relevante Daten zu erheben, zu speichern und darüber zu berichten.

Dieses sich ausbildende Ökosystem von Partnerschaften in den privaten Märkten stellt einen neuen Ansatz zur Erhebung präziser ESG-Daten dar, die unverzichtbar sind, um Kapital zur Bekämpfung einiger unserer größten Herausforderungen einzusetzen. Wichtig ist dabei auch, dass diese Maßnahmen darauf zielen, einander zu ergänzen – und nicht, miteinander zu konkurrieren –, um den Wandel in den privaten Märkten zu beschleunigen.

In nicht einmal zwei Jahren haben wir erlebt, wie Biotech-Start-ups, Pharmaunternehmen, wissenschaftliche Einrichtungen, Regierungen, Stiftungen und Denkfabriken zusammengekommen sind, um COVID-19-Tests und Impfstoffe und hochmoderne Medikamente gegen das Virus zu entwickeln und einzuführen. Diese atemberaubende Leistung beruht auf der Überwindung herkömmlicher organisatorischer und sektoraler Silos und erinnert uns, dass disparate Interessen, wenn sie sich einer unmittelbaren Bedrohung gegenübersehen, zusammenfinden können, um einen neuen Kurs abzustecken.

Der Weg ist nun klar. Jetzt müssen wir ihm auch folgen, um andere Allmende-Probleme zu lösen, bevor sie sich noch tragischer entwickeln.

Aus dem Englischen von Jan Doolan

https://prosyn.org/jWBrIbJde